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Sonnenbrillen & Fönfrisuren

Joel Schumacher ist tot

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 3 Min.

Sleep all day. Party all night. Never grow old. Never die. It’s fun to be a vampire.« So lautete der Slogan, der auf dem Filmplakat zu lesen war, das 1988 in den bundesdeutschen Kinos für den Teenie-Vampirfilm »The Lost Boys« (1987) warb. Tagsüber schlafen, nachts feiern, niemals alt werden, niemals sterben: Ein Hedonismusprogramm, mit dem sich gewiss nicht wenige Jugendliche identifizieren können, wurde verbunden mit dem Gothic Horror und der Figur des romantischen Vampirs. Eine Handvoll sexy junge Untote, unterwegs als Motorradrocker-Clique, mit geilen 80er-Jahre-Fönfrisuren und dunklen Sonnenbrillen. Eine schöne Idee war das.

Natürlich hat der US-amerikanische Regisseur Joel Schumacher keinen klassischen Gruselfilm gedreht, sondern einen schrill-klamaukigen Teenie-Musikfilm, in dem alles eine Spur zu exaltiert und übertrieben daherkam: ein Genre, das explizit in den 80er Jahren beträchtliche Erfolge feierte.

Zuvor schon hatte Schumacher etwa mit »St. Elmo’s Fire« (1985) - der typisch dämliche deutsche Verleihtitel lautete: »Die Leidenschaft brennt tief« - einen Klassiker des Teenager-Films gemacht. Allerdings waren seine Jugendlichen hier angepasste Strebertypen, brave Buben und Mädchen aus der Mittel- und Oberklasse, die sich unglücklich oder glücklich verlieben.

Dass der in New York geborene und aufgewachsene Schumacher, der lange dem Alkohol und anderen Drogen zugetan war, in jungen Jahren Modedesign studiert hatte (auch in New York), in der Modeindustrie gearbeitet hatte und vor dem Beginn seiner Karriere als Regisseur als Kostümbildner tätig war, sah man vielen seiner Filme der 80er und 90er Jahre an: Erkennbar wurde Wert gelegt auf üppige Ausstattung, Frisurenmode, das Tragen geckenhafter Anzüge und ausgefallener Glitzerkleider, schon zu der Zeit, als er in der ersten Hälfte der 80er Jahre Musikvideos inszenierte.

Später, in der zweiten Hälfte der 90er, wird die Ausstaffierung seiner »Batman«-Verfilmungen auffallen: Batman im glänzenden, hautengen Ganzkörper-Kunststoffgewand. »Sein Batman-Kostüm hatte Brustwarzen!«, stellt etwa die »Süddeutsche Zeitung« in ihrem Nachruf auf den Hollywood-Regisseur pikiert fest.

Nicht wenige Schauspieler verdanken ihm ihre ersten größeren Rollen, die sie einem internationalen Publikum bekannt machten: Julia Roberts, Kiefer Sutherland, Demi Moore, Matthew McConaughey. Die Budgets seiner Filme wuchsen im Lauf der Jahre.

1993 schließlich kam die schwarzhumorige Filmsatire »Falling Down«, der erste Hollywoodfilm über den Prototyp des Amok laufenden Wutbürgers, bevor es diesen gab: Michael Douglas spielte einen biederen, vor Kurzem entlassenen Angestellten, der plötzlich durchdreht und mit Waffengewalt die kaputte Gesellschaft, in der er lebt, bestrafen will.

Schumacher verfilmte außerdem die Trivialroman-Bestseller von John Grisham (»Die Jury«, »Der Klient«) und war, wie oben erwähnt, verantwortlich für die »Batman«-Blockbuster mit Val Kilmer in der Titelrolle.

Am Montag ist Joel Schumacher, der offen schwul lebte, im Alter von achtzig Jahren an einer Krebserkrankung in New York gestorben.

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