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»Regenbogenblut tut gut«
Homo-, Bi- und Transsexuelle dürfen kein Blut spenden. Das ist diskriminierend und in Zeiten mangelnder Blutreserven problematisch
Blutspenden sind ein wichtiger Teil der medizinischen Vorsorgemaßnahmen im Gesundheitswesen. Wie jedes Jahr riefen daher Politiker*innen und Verbände zum Weltblutspendetag am 14. Juni dazu auf, Blut oder Plasma zu spenden. Tatsächlich spenden darf jedoch nicht jeder: Für homo- und bisexuelle Männer und Trans*Personen gilt ein Blutspendeverbot.
»Ich bin schwul, darf heiraten, Kinder adoptieren und Organe spenden, aber mein Blut soll zu schmutzig zum Spenden sein? Damit muss Schluss sein!« fordert Lucas Hawrylak in seiner aktuell laufenden Petition gegen das Blutspendeverbot. Bereits vor zwei Jahren startete der 28-Jährige einen Aufruf an Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Damals forderte er ein Verbot sogenannter Konversionstherapien – mit Erfolg. Im Mai stimmte der Bundestag einem Gesetzentwurf zum Verbot dieser pseudo-therapeutischen Behandlungen, die die sexuelle Orientierung einer Person ändern sollen, zu.
Nun geht es ihm um die mehrfache Diskriminierung gegenüber homo-, bi- und transsexuellen Menschen in den Hämotherapie-Richtlinien, den Richtlinien zur Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen. Noch bis vor drei Jahren war es Spendern mit einem statistisch hohen HIV-Risiko gar nicht erlaubt, Blut zu spenden. Der Ausschluss stammte noch aus den 1980er-Jahren - als AIDS weitestgehend unerforscht, aber weit verbreitet war. 2017 hat die Bundesärztekammer neue Richtlinien zur Blutspende vorgelegt. Sie erlauben Homo-, Bi- und Trans*Personen zu spenden, allerdings müssen sie mindestens ein Jahr lang kein Sex mit Männern gehabt haben. »Diese 12 Monate sind wissenschaftlich unverhältnismäßig, noch entsprechen sie der Lebensrealität vieler homo-, bi- und transsexueller Menschen«, heißt es in Hawrylaks Petition.
Die aktuelle Richtlinie sei ebenso diskriminierend wie die alte, bewertet auch die Deutsche Aidshilfe die derzeitige Situation. Auf ihrer Webseite beschreibt sie die Ein-Jahres-Frist als »ohne fachliche Grundlage«. Und auch Hawrylak betont: »Auch wenn davon ausgegangen wird, dass Männer, die mit Männern Sex haben, statistisch häufiger von HIV betroffen sind, können HIV-Infektionen inzwischen nach sechs Wochen nachgewiesen werden. Dies zeigt, dass ein Wartezeitraum von zwölf Monaten vollkommen außerhalb jeglicher Proportion formuliert ist.«
Das Blutspendeverbot sei jedoch nicht nur deswegen diskriminierend, weil es Personengruppen von der Spende ausschließt. Es zwinge Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle auch dazu, Fragen nach ihrer Sexualität zu beantworten und komme einem Zwangsouting gleich, so die gängige Kritik. »Der Umgang und die Kommunikation der eigenen Sexualität sollte immer noch eine persönliche Entscheidung sein«, findet Hawrylak.
Bundesgesundheitsminister Spahn erklärte im Mai, die Blutspenderegeln nicht ändern zu wollen. Er begründet dies mit der Risikobewertung des Robert Koch-Instituts und verwies in seiner Antwort auf einen offenen Brief zweier FDP-Abgeordneten, der Schutz von Empfängern müsse an »an erster Stelle« stehen. Die Bundestagsabgeordneten Katrin Helling-Plahr und Jens Brandenburg hatten sich in einem Brandbrief für die Aufhebung des Verbots stark gemacht. »Kein Corona-Patient soll sterben müssen, weil das pauschale Blutspendeverbot zu spät aufgehoben wurde«, heißt es in dem Brief. Gleichzeitig verwies man darauf, dass die USA das Blutspendeverbot bereits im April gelockert habe. Dort hat die U.S. Food and Drug Administration mit Verweis auf aktuelle Studienergebnisse die Wartezeit seit dem letzten gleichgeschlechtlichen Sexualverkehr zwischen Männern auf drei Monate verkürzt. In England und Schottland gilt die Drei-Monats-Regel schon länger.
Auch Anti-Diskriminierungsaktivisten riefen anlässlich des Weltblutspendestags zum Protest vor der Bundesärztekammer in Berlin auf. Die Deutsche Aidshilfe empfiehlt, vor einem generellen Ausschluss von Bevölkerungsgruppen zunächst einmal alle labortechnischen Möglichkeiten auszuschöpfen. Auch die Befragung von Spender*innen sollte optimiert werden. Dabei wäre eine Lösung wünschenswert, »die nicht sexuelle Orientierung beziehungsweise das Verhalten über einen langen Zeitraum in den Blick nimmt, sondern tatsächliche HIV-Risiken«, so die Deutsche Aidshilfe.
Wie eine Umfrage des Nachrichtenportals »Queer.de« nahelegt, führt die derzeitige Praxis der freiwilligen Auskunft bei diskriminierendem Ausschluss auch dazu, dass nicht alle Spender*innen korrekte Angaben machen: Rund 15 Prozent hätten schon mal falsche Auskünfte gegeben und damit das Blutspendeverbot ignoriert. Die Abfrage realer Risiken hingegen könnte eine höhere Akzeptanz bedeuten und damit die Sicherheit von Blutspenden erhöhen, so die Deutsche Aidshilfe.
Die Petition »Regenbogenblut tut gut« hat nach drei Wochen knapp 40.000 Unterschriften gesammelt. Als Spahn erklärte, er wolle das Blutspendeverbot nicht aufheben sei es ihm »sauer aufgestoßen«, erzählt Hawrylak dem »Tagesspiegel«. »Wir haben einen homosexuellen Gesundheitsminister, der sich der Faktenlage bewusst ist, sich dieser Verantwortung allerdings entzieht.« Daher habe er erneut eine Petition gestartet. Sie ist nach wenigen Wochen bereits ähnlich erfolgreich, wie die zum Verbot von Konversionstherapien.
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