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Toxische Führungskultur
Verteidigungsministerin will die Skandaltruppe KSK reformieren
Die rechtsextremen Vorfälle bei den Kommandospezialkräften der Bundeswehr werden Gremien und Ermittler weiter beschäftigen. Der erste Zwischenbericht, der am Mittwoch in Berlin von der Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und dem Generalinspekteur des Heeres, Eberhard Zorn, präsentiert wurde, zeugt von großem Reformbedarf. Neben dem ideologischen Problem des Rechtsradikalismus war die Arbeitsgruppe mit handfesten Sicherheitsmängeln konfrontiert. Mehrere zehntausend Schuss Munition unterschiedlichster Handwaffen und 62 Kilogramm Sprengstoff werden derzeit vermisst. Sie sind weder in den Buchungssystemen zu finden, noch ist erklärlich, wann und wo die Kampfmittel abhandengekommen sind.
Hellhörig wurde das Verteidigungsministerium erst, als bei einem rechtsradikalen Verdachtsfall im Mai 2020 ein Waffen-, Munitions- und Sprengstoffdepot gefunden wurde. Der betreffende KSK-Soldat galt mindestens seit einer Kompaniefeier 2017 als Verdachtsfall. Diese Feier ist auch drei Jahre nach dem Vorfall der wesentliche Ausgangspunkt für die Nachforschungen. Damals wurde ein Kompaniechef verabschiedet. Neben martialischer Folklore kam es offenbar zu Propagandadelikten wie dem Zeigen des Hitlergrußes und dem Abspielen rechtsradikaler Musik.
Im Laufe der damals angesetzten Ermittlungen fielen die Beteiligten der Feier durch Aussagen auf, die wie abgesprochen wirkten. Teils wortgleich deckten die Soldaten ihr Verhalten und stellten einen Korpsgeist zur Schau, den das Verteidigungsministerium mittlerweile als »toxische Führungskultur« bezeichnet.
Wie tiefgreifend diese Kultur ist, zeigt der Schritt, dass die Kompanie, in der diese Vorfälle stattgefunden haben, aufgelöst wird. Beseitigt ist das Problem des Rechtsradikalismus dadurch indes nicht. In den laufenden Ermittlungen prüfe die Arbeitsgruppe, inwieweit man es mit überzeugten Rechtsradikalen zu tun habe und wo aus Angst oder falsch verstandenem Korpsgeist geschwiegen werde.
Allein 60 Empfehlungen wurden im Zwischenbericht niedergeschrieben. Generalinspekteur Zorn sagte, man richte den Blick in die Zukunft und arbeite aktuell an Maßnahmen, mit denen das KSK erhalten werden könne. »Die Maßnahmen sind keine Strafe für das KSK, sie sind eine Chance«, will Kramp-Karrenbauer ihr Handeln verstanden wissen. Sie wolle von den KSK-Soldaten in den kommenden Monaten vor allem erfahren, ob diese Teil des rechtsradikalen Problems oder Teil der Lösung und einer Neuausrichtung des KSK sein wollen.
Im Bericht konstatiert die Arbeitsgruppe selbstkritisch, dass es zu lange dauere, erkannte Extremisten aus dem KSK zu entfernen. So sei eine Überarbeitung der Wehrdisziplinarordnung notwendig , und auch die Absonderung vom KSK müsse mit dem Personalamt geplant werden. Die Versäumnisse im Bereich der Kampfmittel sind laut Zorn der Sonderstellung des KSK geschuldet. Überhöhte Geheimhaltung habe regelmäßige Inspektionen verhindert. Das soll geändert werden; ein digitales System zur Erfassung des Munitionsverbrauchs sei in Planung. Aktuell habe man alle KSK-Einsätze ausgesetzt und beordere das Personal zurück. Die Aufgaben, wie zuletzt vor Ort in Masar-e-Sharif bei der Ausbildung der afghanischen Soldaten, würden andere Truppenteile der Bundeswehr übernehmen.
Mit dem ministeriellen Vertrauensvorschuss soll den KSK-Soldaten die Möglichkeit gegeben werden, ihre Grundgesetztreue unter Beweis zu stellen.
Die Ermittlungen sind nicht allein auf das KSK beschränkt. Zorn äußerte, in seinem Büro würden alle Fäden zusammenlaufen, um auch Auswirkungen in die Bereiche des Bundesnachrichtendienstes und des Verfassungsschutzes zu prüfen. Der Bedarf ist groß, denn offensichtlich sind vorgeschriebene Sicherheitsüberprüfungen, die bei Reservisten hätten erfolgen müssen, nicht umgesetzt worden. Die Wahrscheinlichkeit von weiteren Verbindungen liege nach den ausgewerteten rechtsextremen Chats auf der Hand. Ministerin und Heeresinspekteur kündigten an, dass mit weiteren Ermittlungserfolgen in den kommenden Monaten zu rechnen sei. »Wer eine abgeschottete, geheime, kampforientierte Spezialeinheit bildet, zieht Rechte und Rechtsextreme regelrecht an«, sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Tobias Pflüger. Die jetzt verkündete Teilauflösung löse das Grundproblem nicht: »Die Ministerin bleibt Getriebene und ist nicht Akteurin.« Ein Blick in das Papier lässt nur altbekannte Maßnahmen wie Umstrukturierungen, neue Stellen, Lehrgänge und eine reformierte Öffentlichkeitsarbeit erkennen.
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