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Die Flucht aus Hongkong beginnt offenbar
Demokratie-Vorkämpfer verlässt Stadt / 370 Festnahmen wegen Protesten an einem Tag
Hongkong. Als Reaktion auf das umstrittene Sicherheitsgesetz für Hongkong hat der bekannte Demokratie-Kämpfer Nathan Law der chinesischen Sonderverwaltungsregion den Rücken gekehrt. »Ich habe mich von meiner Stadt verabschiedet. Als das Flugzeug von der Startbahn abhob, blickte ich ein letztes Mal auf die Skyline, die ich so sehr liebe«, schrieb Law in der Nacht zum Freitag auf Twitter.
Er habe Hongkong bereits verlassen und werde seinen Einsatz auf internationaler Ebene fortsetzen, hieß es in einer separaten Mitteilung auf Facebook. Wegen des hohen Risikos wolle er nicht zu viel über seinen Aufenthaltsort verraten.
Aus Angst vor Verfolgung hatten Law sowie andere prominente Mitglieder der Protestbewegung in dieser Woche den Rückzug aus ihrer Partei Demosisto angekündigt, die daraufhin aufgelöst wurde. Mit dem neuen Sicherheitsgesetz müssten Anhänger der Demokratiebewegung um ihre Sicherheit fürchten, hatten die Aktivisten ihren Schritt begründet.
Mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes war es am Mittwoch erneut zu Protesten in Hongkong gekommen, die jedoch von der Polizei aufgelöst wurden. Mehr als 370 Personen wurden festgenommen, wie die Polizei berichtete. Zehn seien wegen Verstößen gegen das neue Dekret in Haft genommen worden, darunter auch ein Mann, weil er eine Fahne mit der Aufschrift »Unabhängigkeit für Hongkong« bei sich trug.
Ein Sprecher der Hongkonger Regierung machte am Donnerstag erneut deutlich, mit welch drastischen Einschränkungen Demonstranten künftig zu rechnen haben. So wurde gemahnt, dass auch der bekannte Protestlogan »Befreit Hongkong, Revolution unserer Zeit«, der bislang bei Protesten häufig gerufen wurde, als Aufruf zur Unabhängigkeit verstanden werde. Damit wäre er illegal.
Der bekannte Hongkonger Aktivist Joshua Wong, der sich genau wie Law von Demosisto zurückgezogen hatte, aber angekündigte, in Hongkong bleiben zu wollen, bat die Bundesregierung um Unterstützung. »Ich demonstriere weiterhin in der vordersten Reihe mit, die Polizei setzt Wasserwerfer und Tränengas ein, Hunderte Demonstranten wurden verhaftet«, sagte er der »Bild«-Zeitung (Freitag). »Ich bitte die deutsche Regierung: Schaut auf Hongkong, seht, was hier passiert und nennt das Unrecht beim Namen. Wir brauchen die Unterstützung Europas gerade jetzt, es darf keine Ausreden mehr geben.«
Ungeachtet weltweiter Kritik hatte China am Dienstag das kontroverse Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit in Hongkong erlassen. Es richtet sich gegen Aktivitäten, die von Peking als subversiv, separatistisch oder terroristisch angesehen werden. Genannt werden Bemühungen, eine Unabhängigkeit Hongkongs oder anderer Gebiete anzustreben, die Peking als Teil der Volksrepublik ansieht - also auch Taiwan, Tibet oder Xinjiang.
Bestraft wird ferner »Untergrabung der Staatsgewalt«, was heute in der Volksrepublik schon im Umgang mit Bürgerrechtlern sehr weit interpretiert wird - etwa wenn die Zentralgewalt mit Forderungen nach Demokratie infrage gestellt wird. Außerdem wendet es sich gegen Terrorismus und »geheime Absprachen« mit Kräften im Ausland, die China und Hongkong aus Pekinger Sicht feindlich gesonnen sind.
Politiker von Grünen und CDU kritisierten Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für eine zu weiche Haltung gegenüber China im Zusammenhang mit dessen Einflussnahme auf Hongkong. »Die Sprache gegenüber China muss eindeutig klarer werden. Die Verurteilung des Angriffs auf die Autonomie Hongkongs und die Freiheit seiner Bürger muss klar zum Ausdruck kommen«, sagte der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen der Düsseldorfer »Rheinischen Post« (Freitag).
Der Grünen-Politiker Jürgen Trittin sagte der Zeitung: »Hongkongs neues Sicherheitsgesetz und seine ersten Anwendungen sind ein massiver Anschlag auf die völkerrechtlichen Verpflichtungen, die China gegenüber Großbritannien eingegangen ist.« Von der Leyen (CDU) habe zwar negative Konsequenzen angekündigt, aber offen gelassen, worin diese bestünden: »Wir müssen das Rechtshilfeabkommen in Strafsachen und das Auslieferungsabkommen zwischen Europa und Hongkong sofort auf den Prüfstand stellen und gegebenenfalls aussetzen.«
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