Vor allem Geringverdiener spüren Corona-Folgen

40 Prozent derer, die in Deutschland weniger als 1500 Euro verdienen, hatten Einkommensverluste

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Düsseldorf. Die Folgen der Corona-Krise bereiten den Menschen in Deutschland zunehmend finanzielle Probleme. Laut einer am Freitag von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung in Düsseldorf veröffentlichten Umfrage ist in den vergangenen Monaten der Anteil der Menschen gestiegen, die die Folgen der Krise im eigenen Portemonnaie spüren. Im April sagten 20 Prozent der Befragten, die Epidemie habe sich bereits negativ auf ihr persönliches Einkommen ausgewirkt, im Juni waren es 26 Prozent.

Zugleich ist aber die Quote der Menschen gesunken, die sich Sorgen um ihre wirtschaftliche Zukunft oder ihren Job machen: So hatten sich im April noch 70 Prozent der Befragten Sorgen um ihre wirtschaftliche Situation gemacht, im Juni waren es 58 Prozent. Erfolge bei der Eindämmung der Epidemie in Deutschland und die Krisenpolitik von Bund und Ländern würden offensichtlich positiv wahrgenommen, hieß es.

Gutverdiener sind im Schnitt zufriedener als solche mit weniger Einkommen, so die Umfrage bei der mehr als 6300 Beschäftigte befragt wurden. So gab unter jenen mit einem Haushaltsnettoeinkommen von weniger als 1500 Euro pro Monat nur knapp die Hälfte an, mit der Anti-Krisenpolitik von Bund und Ländern zufrieden zu sein. Bei Menschen mit einem Haushaltsnetto von mehr als 3200 Euro lag die Zustimmung hingegen bei 72 Prozent.

Rechnet man alle zusammen, sind immerhin zwei Drittel mit dem Corona-Management ihrer Regierenden eher oder voll zufrieden. Allerdings halten es auch knapp 40 Prozent für möglich, dass die Pandemie »benutzt wird, um die Interessen von Reichen und Mächtigen durchzusetzen«.

Die Hans-Böckler-Stiftung warnte vor einer Verschärfung der sozialen Ungleichheit in Deutschland, da vor allem Haushalte mit einem niedrigen Einkommen von finanziellen Einbußen betroffen seien. In Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen von unter 1.500 Euro berichteten 40 Prozent von Einschnitten. In der Gruppe ab 3.200 Euro monatlichem Haushaltsnettoeinkommen waren es lediglich 22 Prozent. Gleichzeitig waren die Befragten in der höchsten Einkommensgruppe auch am optimistischsten, generell von Einkommensverlusten verschont zu bleiben.

Stabilität und Re-Traditionalisierung

»Angesichts der enormen weltweiten Erschütterungen durch die Pandemie zeigt sich die deutsche Gesellschaft bislang vergleichsweise stabil«, sagte die Wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, Bettina Kohlrausch. Diese Stabilität könne allerdings »ins Kippen geraten, wenn diejenigen, die schon vorher finanziell und sozial schlechter gestellt waren, in der Krise noch weiter zurückfallen«, mahnte die Soziologieprofessorin der Universität Paderborn.

Allgemein bessere Perspektiven in der Krise haben den Angaben zufolge Beschäftigte in Unternehmen mit Tarifvertrag und Mitbestimmung. So erhielten beispielsweise im Fall von Kurzarbeit 54 Prozent der Befragten mit Tarifvertrag eine Aufstockung des Kurzarbeitergeldes, während es ohne Tarifvertrag nur 31 Prozent waren. In Betrieben mit Betriebsrat existierten zudem deutlich häufiger feste Regeln für das Homeoffice als in Betrieben ohne Mitbestimmung.

Die Einschränkungen im Berufsleben haben der Umfrage zufolge außerdem dazu geführt, dass die traditionelle Arbeitsteilung in den Familien wieder Einzug hält. 55 Prozent der befragten Männer gaben an, ihre Partnerin würde den größeren Anteil schultern. Bei den Frauen waren es sogar 62 Prozent, die erklärten, sie würden die Kinderbetreuung in erster Linie selbst übernehmen. »Die Befürchtung bleibt, dass sich Mütter und Väter unter dem Druck der Krise wieder an traditionellere Rollenmuster gewöhnen«, sagte Kohlrausch.

Das Meinungsforschungsinstitut Kantar Deutschland befragte zwischen dem 18. und 29. Juni mehr als 6300 Erwerbstätige in Deutschland. Die Online-Befragung war der zweite Teil einer Umfrage, für die bereits Anfang April gut 7700 Erwerbstätige interviewt worden waren. Agenturen/nd

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