Widerstand gegen Trumps »Geheimpolizei«

Seit Tagen gibt es Zusammenstöße bei Protesten gegen Polizeigewalt in der US-Stadt Portland

  • Moritz Wichmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Faschismus-Vergleiche, Verhaftungen durch Schwadronen der Bundespolizei, martialische Szenen: Was in den letzten Tagen in Portland passiert ist, flimmert mittlerweile auch landesweit in den USA über die Fernsehbildschirme. Angefangen hat alles mit Videos, die in den sozialen Netzwerken auftauchten, in denen soldatenartig gekleidete Bundesbeamte in Tarnuniform ohne Kennzeichnung aus zivilen Fahrzeugen springen und Protestierende in menschenleeren Seitenstraßen aufgreifen, in Wagen zerren und dann davonfahren. Die Vorfälle wurden Mitte vergangener Woche bekannt. Sie zeigen die Eskalation der seit Wochen laufenden Black-lives-Matter-Proteste - und feuerten sie gleichzeitig weiter an.

Seit über 50 Tagen wird in der größten Stadt des Pazifikstaates Oregon protestiert, wie überall im Land gegen Rassismus und Polizeigewalt. Eigentlich waren die Proteste Mitte Juli bereits am Abklingen, nur ein harter Kern von wenigen Hunderten machte weiter. Am Wochenende protestierten wieder über 1000 Menschen, darunter auch eine Gruppe gelb gekleidete Mütter mit Helmen, die sich schützend vor die überwiegend schwarz gekleideten Demonstranten stellten. »Stay close. Stay tight, We can do this every night«, so eine Parole der Demonstration.

Tatsächlich ähneln sich die Bilder jede Nacht, es geht offenbar auch um die Frage, wer im Tränengasnebel länger durchhält. Auf der einen Seite Beamte des Heimatschutzministeriums und des Grenzschutzes in Helmen und Gasmasken, bewaffnet mit Schlagstöcken und Gewehren, mit denen vermeintlich »nicht-tödliche« Geschosse, sogenannte Bohnenbeutel abgefeuert werden.

Sie verteidigen ein mittlerweile mit zahlreichen Graffiti übersätes Bundesgericht in der Innenstadt. Dafür gingen sie immer wieder brutal auch gegen friedliche Demonstranten vor. Legitimiert wird ihr Einsatz mit einer Verordnung von US-Präsident Donald Trump zum Schutz von Statuen und Bundeseigentum.

Auf der anderen Seite steht die linksradikale Szene einer Stadt mit linksalternativer Tradition, die mit schwarzen Helmen, Schilden und Regenschirmen dagegenhält. Samstag- und Sonntagnacht rissen Demonstranten einen neu errichteten Zaun zum Schutz des Gerichts teilweise wieder weg, sie sehen sich im Kampf gegen den »Faschismus« der Trump-Regierung. Ihr derzeit größter Gegner: Trumps Heimatschutzminister Chad Wolf, der sich in Kriegsästhetik als Truppenkommandeur inszeniert und mitteilen lässt, »man werde niemals den Extremisten nachgeben«.

Donald Trump nutzt die Proteste in Portland, um Law-and-Order-Wahlkampf zu betreiben. Sein Stabschef Mark Meadows erklärte am Sonntag, Trump werde womöglich noch eine weitere Verfügung erlassen, um Sicherheitskräfte der Bundesregierung auch in »Chicago oder Milwaukee« einzusetzen, wo immer es nötig sei. Der US-Präsident inszeniert sich als »Anführer«, der in Städten für Ordnung sorgt, in denen Demokraten dies nicht können oder vermeintlich nicht wollen.

Viele US-Städte wie Portland sind von den Demokraten regiert. Die Präsenz der paramilitärischen Bundeskräfte habe die Situation »scharf eskaliert«, diese seien »nicht willkommen«, sollten sich zurückziehen, so Portlands Bürgermeister Ted Wheeler. Das Demokratisch geführt Justizministerium Oregons hat zudem Klage gegen die Regierung eingereicht.

Polizeigewalt gibt es jedoch nicht erst seit den Geheimverhaftungen durch Bundesbeamte, auch die bei Aktivisten seit Jahren verhasste Polizei von Portland ließ die Situation eskalieren, jagte Protestierende durch die Straßen. Mitte Juni kürzte der Stadtrat das Polizeibudget zwar, aber nur um drei Prozent oder 15 Millionen US-Dollar - die Black-Lives-Matter-Protestler hatten deutlich mehr gefordert.

Am Wochenende griffen diese zur Gegengewalt, brachen das verbarrikadierte Gebäude der lokalen Polizeigewerkschaft auf und verwüsteten es. Die hatte sich schützend vor die Polizisten gestellt - auch solche wie Chris Humphreys, der 2009 ein Bohnenbeutel-Geschoss auf ein 12-jähriges schwarzes Mädchen geschossen hatte.

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