Juan Carlos macht sich aus dem Staub

Spanischer Ex-König flüchtet wegen Ermittlungen ins Exil und bringt den Ministerpräsidenten in Not

  • Ralf Streck, San Sebastián
  • Lesedauer: 4 Min.

Es war ein offenes Geheimnis, dass der frühere spanische König Juan Carlos den Weg ins Exil plante, um Ermittlungen wegen Korruption, Geldwäsche und Steuerhinterziehung zu entgehen. So war es nur ein scheinbarer Paukenschlag am Montagabend, als bekannt wurde, dass sich der Ex-König ins Ausland abgesetzt hat. In einem vom Königshaus veröffentlichten Brief an seinen Sohn und Thronfolger Felipe macht Juan Carlos deutlich, dass es ihm um die Rettung der vom Diktator Franco restaurierten Monarchie geht. Der Putschist hatte ihn kurz vor seinem Tod als seinen Nachfolger und als Staats- und Militärchef eingesetzt. Juan Carlos will »angesichts der öffentlichen Auswirkungen, die gewisse vergangene Ereignisse verursachen«, dem Sohn die »Ausübung deiner Funktionen erleichtern«.

Über Juan Carlos Aufenthaltsort herrscht Schweigen im Königshaus und in der Minderheitsregierung des sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Pedro Sánchez. Für die linke Opposition aus den Regionen ist es ein Skandal, dass sich der ehemalige Staatschef mit Unterstützung der Regierung absetzen konnte, obwohl Ermittlungen gegen ihn auch in Spanien laufen. Diverse Parteien haben im Parlament beantragt, dass die sozialdemokratische Vize-Ministerpräsidentin Carmen Calvo im Kongress erklären müsse, über was mit dem Königshaus verhandelt wurde. Medien, darunter auch das öffentlich-rechtliche Fernsehen TVE hatten berichtet, Calvo habe die Verhandlungen geführt.

Durch das Manöver bricht nicht nur erneut der Graben zu Parteien auf, die die Minderheitsregierung der Sozialdemokraten (PSOE) im Januar mit ihren Stimmen erst ermöglicht haben, sondern auch in der Regierungskoalition selbst. Die Linkspartei »Unidas Podemos« (Gemeinsam können wir es/UP) ist entsetzt. Sie spricht von einer »Flucht« von Juan Carlos, der 2014 wegen seiner Skandale abdankte und den Thron an seinen Sohn Felipe übergab. Damals hatten die rechte Volkspartei (PP) und die PSOE eilig ein Abdankungsgesetz durchs Parlament gepaukt, um das zu ermöglichen.

Bereits 2014 gab es eine Diskussion über die Forderung, die Bevölkerung müsse über die Rückkehr zur von Putschisten 1936 gestürzten Republik abstimmen. Damals wie heute versucht die PSOE, die Monarchie zu retten. Mit den Rechtsparteien PP, Ciudadanos und Vox stimmte sie 2020 drei Mal dagegen, die dunklen Geschäfte von Juan Carlos über einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ins Visier zu nehmen. Nun spricht sie vom »Respekt vor den Entscheidungen des emeritierten Königs« und meint, dessen Verhalten »stärkt die Monarchie«.

Dem amtierenden König Felipe wird »Mustergültigkeit und Transparenz« bescheinigt, dabei ist längst klar, dass der Sohn von den krummen Geschäften des Vaters gewusst haben muss. Er war als Erbe von Fonds und Stiftungen in Steuerparadiesen registriert, verzichtete erst kürzlich darauf. Er profitierte direkt von Geldern, die Juan Carlos zum Beispiel aus Saudi-Arabien mutmaßlich als Schmiergelder erhielt, wie die Schweizer Ermittler glauben. 100 Millionen Dollar flossen im Zusammenhang mit dem Bau einer Schnellbahnstrecke.

Die Widersprüche in der Regierung könnten derzeit kaum größer sein. UP-Führer, Vizepräsident Pablo Iglesias erklärte: »Die Regierung kann nicht wegschauen und noch weniger Verhaltensweisen begrüßen oder rechtfertigen, die die Würde einer wichtigen Institution wie die Staatsführung untergraben und einen Betrug an der Justiz darstellen.« Die Gleichstellungsministerin Irene Montero kritisiert, nicht in die Vorgänge eingeweiht worden zu sein. Sie proklamiert: »Spanien lässt keine weitere Korruption und Straflosigkeit mehr zu.« Die Realität sieht leider anders aus. So forderte die UP die eigene Regierung auf, Juan Carlos’ Flucht zu verhindern, als der das Land längst verlassen hatte.

Berichtet wird, dass sich Juan Carlos über Portugal in die Dominikanische Republik abgesetzt haben soll. Portugiesische Medien berichten, er halte sich in Estoril nahe Lissabon auf. Man darf davon ausgehen, dass er ins Exil in ein Land geht, mit dem kein Auslieferungsabkommen mit der Schweiz besteht. Reale Konsequenzen sind in Spanien für ihn nicht zu erwarten, wo stets die »Unantastbarkeit« des Königs betont wird.

Derweil bricht die Debatte um ein Referendum massiv auf, die die Regierung sprengen könnte. UP steht unter massivem Druck ihrer Basis. Zwar drücken sich Iglesias und Montero noch, doch die dritte Vizeministerin der Regierung fordert dies längst offen. Gloria Elizo, die auch im Parlamentspräsidium sitzt, erklärt: »Die einzige Möglichkeit, um Juan Carlos und Felipe von der Staatsführung abzutrennen, ist ein Referendum und ein Abdanken von Felipe VI.«

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