Klassenkampf auf Zeit

Jessica Rosenthal will neue Vorsitzende der Jusos werden

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.

Bei den Juso-Vorsitzenden der vergangenen Jahrzehnte war es nur eine Frage der Zeit, bis sie ihr rebellisches Image ablegten und sich dem Establishment der Partei anpassten. Jessica Rosenthal, die Nachfolgerin des scheidenden Bundeschefs Kevin Kühnert werden will, tritt bereits im Alter von 27 Jahren eher diplomatisch auf. Von Aufmüpfigkeit keine Spur.

Die Lehrerin hat sich nun im »Spiegel« wohlwollend über ihren Genossen Olaf Scholz geäußert. Der gehört zwar zum konservativen Parteiflügel und hat einiges auf dem Kerbholz wie die Unterstützung für die neoliberale Agenda 2010 und den Einsatz von Brechmitteln gegen mutmaßliche Drogendealer in Hamburg, aber Rosenthal will die Frage, ob Scholz ein guter Spitzenkandidat der SPD wäre, »nicht abschließend beantworten«. Dafür müsste er sich erst einmal bei den Jusos vorstellen und Angebote machen. Positiv sieht Rosenthal schon mal die »Abkehr des Finanzministers von der Schuldenbremse«.

Über die Nachfolge von Kühnert, der in den Bundestag gewählt werden will, entscheidet ein Bundeskongress der Jusos im November. Die Chancen für Rosenthal könnten auch deswegen gut stehen, weil sie mit Nordrhein-Westfalen einen mitgliederstarken Landesverband im Rücken hat. Rosenthal ist dort sein Oktober 2018 Juso-Landeschefin. Zudem können sich linke Jungsozialisten an ihrer Klassenkampfrhetorik erfreuen.

Bei ihrer Bewerbungsrede im November wird Rosenthal mit Sicherheit erneut den aufsehenerregenden Satz sagen, der nun auch in dem Hamburger Nachrichtenmagazin abgedruckt wurde: »Ich will den Kapitalismus, der auf Ausbeutung beruht, überwinden.« Ob das mit sozialdemokratischen Politikern wie Olaf Scholz, die trotz ihrer Unbeliebtheit in weiten Teilen der Parteibasis weiter an ihren Spitzenposten kleben, gelingen wird? Man darf gespannt sein.

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