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»Was muss noch alles passieren?«

Radstars schlagen nach Sturzserie Alarm: Roglic steigt beim Criterium du Dauphine aus, Evenepoel stürzt in der Lombardei schwer

  • Lesedauer: 3 Min.

Belgiens Wunderknabe Remco Evenepoel flog in der Lombardei kopfüber von einer Brücke, Maximilian Schachmann wurde von einem Auto über den Haufen gefahren, Emanuel Buchmann landete nach einem Massencrash bei der Tour-Generalprobe im Krankenhaus: Zehn Tage nach dem Horrorunfall von Fabio Jakobsen erschüttern wieder Stürze den Profiradsport. Fabio Jakobsens Teamkollegen Evenepoel schlitterte nur knapp an einer Tragödie vorbei.

Der erste Profisieg von Buchmann-Helfer Lennard Kämna beim Etappenrennen Criterium du Dauphine geriet da in den Hintergrund. »Durch Emanuel Buchmanns Sturz ist das ein bittersüßer Erfolg für mich. Ich hoffe, dass er okay ist - wir brauchen ihn für die Tour«, sagte der 23 Jahre alte Kämna, der bei der schweren Bergankunft in Megeve für seinen Kapitän Buchmann in die Bresche sprang und als Solist triumphierte: »Eigentlich sollte ich die Relaisstation für ›Emu‹ sein. Er sollte am vorletzten Anstieg angreifen.«

Dazu kam es nicht: Buchmann war bei der grenzwertigen Abfahrt vom Col de Plain Bois gestürzt und musste aufgeben. Im Krankenhaus gab es für die deutsche Tour-Hoffnung Entwarnung: nichts gebrochen, nur Hämatome und Schürfwunden.

Bei der Tour (ab 29. August) muss Buchmann aber auf einen Tophelfer verzichten: Der zuletzt bärenstarke Schachmann erlitt bei der vom Dänen Jakub Fuglsang gewonnenen Lombardei-Rundfahrt einen Schlüsselbeinbruch - ziemlich sicher das Tour-Aus für den Paris-Nizza-Sieger. »Zum Glück ist es ›nur‹ das Schlüsselbein. Es gibt Tage, an denen hat man sein Schicksal nicht selbst in der Hand«, sagte Schachmann mit Blick auf groteske Sicherheitsmängel beim Traditionsrennen.

Eine Autofahrerin war kurz vor dem Ziel vor Schachmann auf die Strecke gefahren und hatte den Berliner rücksichtslos abgeräumt. Schachmann quälte sich schimpfend als Siebter ins Ziel, die Polizei ermittelt.

Noch schlimmer erwischte es Senkrechtstarter Evenepoel, dem bei seinem lebensgefährlichen Abflug alle Schutzengel beistanden. Der 20-Jährige, der sein erstes Radsport-Monument bestritt, rammte auf der tückischen Abfahrt von der Muro di Sormano den ungesicherten Vorsprung einer Brückenmauer und stürzte fast zehn Meter tief in eine Schlucht. Nach bangen Minuten wurde Evenepoel geborgen - mit einem Beckenbruch kam er noch glimpflich davon.

»Remco hat sich bei mir entschuldigt. Ich sagte: ›Halt die Klappe! Du bist am Leben, nur das zählt‹«, meinte Quick-Step-Teamchef Patrick Lefevere: »Ich habe mehrmals dem Weltverband klarmachen wollen, dass solche Abfahrten einfach nicht möglich sind, aber nichts ändert sich.«

Der Schock nach dem Zielsprint-Drama um den niederländischen Meister Jakobsen, der am 5. August bei der Polen-Rundfahrt in die Absperrung geknallt war und schwer verletzt überlebte, steckte Lefevere noch in den Knochen: »Wir hätten zwei tote Fahrer haben können, da denkst du nicht mehr über Rennen und Siege nach.«

Die Geschehnisse der Lombardei-Rundfahrt und der Dauphine lassen Alarmglocken schrillen. Bei der Abfahrt, die Buchmann zum Verhängnis wurde, stürzte auch Jumbo-Visma-Star Steven Kruijswijk schwer, wenig später erwischte es auch seinen Kapitän Primoz Roglic heftig. Kruijswijk gab mit ausgekugelter Schulter auf, Tour-Favorit Roglic trat trotz Gesamtführung am Sonntag nicht mehr an - hinter ihren Tour-Plänen stehen Fragezeichen. Ihre Teamkollegen schäumten angesichts der Sicherheitsmängel bei der vom Tour-Veranstalter A.S.O. organisierten Dauphine. »Die Abfahrt war lebensgefährlich, ein Ziegenpfad mit Schotter. Eine Schande, dass sowas im modernen Radsport möglich ist«, schimpfte Ex-Giro-Sieger Tom Dumoulin. Der deutsche Routinier Tony Martin stellte die Frage: »Was muss noch alles passieren, bis sich etwas ändert?« SID/nd

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