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Dänemark am Scheideweg

Die Öl- und Gassuche in der Nordsee kollidiert mit geplanten Klimaschutzmaßnahmen

  • Andreas Knudsen, Kopenhagen
  • Lesedauer: 3 Min.

Das goldene Zeitalter der dänischen Öl- und Gasförderung mit Selbstversorgung und hohen Exporteinnahmen endete bereits vor gut zehn Jahren. Die besten Felder in der Nordsee sind geleert, und falls nicht ein unerwarteter Riesenfund gemacht wird oder ein technologischer Durchbruch geschieht, der bisher unerreichbare Lager interessant macht, ist das Ende der Förderung absehbar. Nach Lage der Dinge wird dies um die Jahrhundertmitte geschehen - bis 2046 laufen die bestehenden Lizenzen aus.

Allerdings gibt es Ausschreibungen für die weitere Suche nach neuen Quellen, an denen Energiekonzerne wie Hess und Total teilnehmen. Die Lizenzvergabe wurde jedoch im November 2019 ausgesetzt, nach dem Protest von drei Linksparteien, die die sozialdemokratische Regierung stützen und erklärte Gegner der Förderung sind. In einem sogenannten Verständnispapier zwischen den Parteien konnten sie festschreiben, dass Dänemark den CO2-Ausstoß bis 2030 um 70 Prozent im Vergleich zu 1990 senken soll.

Dies geht freilich nur durch weitere Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energien und Beendigung der Verbrennung fossiler Brennstoffe im Land. Lizenzen für eine weitere Suche nach Öl und Gas wären deshalb eine Provokation. Zumal Ökonomen die Profitabilität neuer Felder anzweifeln. Schätzungen zufolge winken Steuereinnahmen von maximal einigen Hundert Millionen Euro, falls die Suche überhaupt erfolgreich sein wird.

Klima- und Energieminister Dan Jørgensen steht deshalb unter Druck. Er erteilte zunächst den Auftrag für eine Studie, um nach seinen Worten eine sichere Entscheidungsgrundlage zu haben. Gleichzeitig ist er verpflichtet, noch in diesem Jahr Maßnahmen zur Umsetzung des ambitionierten Klimaschutzgesetzes von 2019 ins Kabinett einzubringen, bei denen es auch um die Öl- und Gasförderung geht. Als Energieminister steht Jørgensen jedoch auch unter dem Druck der Energiekonzerne, die im Fall der Lizenzverweigerung mit Investitionsstopp drohen.

Seit dem Beginn der Förderung im Jahr 1972 hat der dänische Staat etwa 55 Milliarden Euro an Steuern und Abgaben aus der Öl- und Gasförderung kassiert, während an Jütlands Westküste ein Industriesektor mit Tausenden Arbeitsplätzen entstand. Die vorhandenen Felder sichern profitablen Betrieb auf Jahrzehnte, und Förderfirmen schätzen die politische Stabilität in diesem Teil der Welt.

Nicht zu Unrecht verweisen sie darauf, dass Öl und Gas vielfältig einsetzbar sind. Die Verbrennung ist streng genommen die schlechteste Art der Verwendung. Die moderne Wirtschaft kommt ohne Schmierstoffe aus Rohöl nicht aus, und Plastik ist schwer zu ersetzen. Auf der Jahreskonferenz 2019 der dänischen Ölindustrie wurde auch süffisant angemerkt, dass die Flügel der Windräder schließlich auch aus Erdöl hergestellt würden. Dem Minister dürfte auch klar sein, dass eine Einstellung der dänischen Produktion ungewollte Abhängigkeiten von instabilen Regionen und Alliierten mit Hang zu Alleingängen schaffen würde.

Ein ministerielles Machtwort, mit dem ein Auslaufdatum der dänischen Öl- und Gasförderung angeordnet wird, ist daher unwahrscheinlich. Jørgensen könnte aber die Lizenzvergabe verschieben oder ganz aussetzen. Die gesamte Regierung von Premierministerin Mette Frederiksen wird es vermeiden wollen, der Industrie oder den politischen Verbündeten zu kräftig auf die Füße zu treten. Daher könnten weitere Untersuchungen begonnen werden, um Zeit für Kompromisse zu finden.

Der massive Rückgang der Ölpreise als Folge der Coronakrise wird ohnehin Stoff zum Nachdenken in den Chefetagen gegeben haben. Die Produktionskosten in der Nordsee sind nämlich höher als beispielsweise im Nahen Osten. Im dänischen Öl- und Gassektor wurden bereits Stellen abgebaut. In der Branche herrscht große Unsicherheit, ob und wann man zum Aktivitätsniveau vor Corona zurückkehren kann.

Falls die Schere zwischen Kosten und Gewinn zu weit und anhaltend auseinandergeht, könnten die Förderer in naher Zukunft von selbst Entscheidungen treffen. Die bereits begonnene Modernisierung des Tyra-Feldes ist davon nicht betroffen, da hier schon zu viel Geld investiert wurde, aber die Zukunft wird wohl eher eine Produktionssenkung und keine Erweiterung der Ölförderung bringen.

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