Schaden für die Demokratie

Stefan Otto findet die Vorschläge der Großen Koalition zur Reform des Wahlrechts unfair

Wohl kaum über ein anderes Thema diskutieren die Parteien länger als über die Reform des Wahlrechts. Der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte fast eine Dekade appelliert, den Bundestag durch eine Änderung des Wahlrechts zu verkleinern. Ohne dass etwas passiert ist. Zuletzt war er sichtlich genervt über das Taktieren der Koalition. Denn bei allem Versuchen, eine gütliche Einigung zu erzielen, waren die Fraktionen vor allem auf ihren eigenen Vorteil bedacht. Grund dafür ist das recht komplizierte personale Verhältniswahlrecht, das bei der Verrechnung von Direktmandaten zu Ungenauigkeiten führt, die das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich billigt.

Bei der jetzt von der Großen Koalition präsentierten Lösung für die kommende Bundestagswahl sollen drei Überhangmandate nicht ausgeglichen werden. Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird davon die Union profitieren. Sie hat sich also gegen die SPD im Koalitionsausschuss durchgesetzt und sich gewissermaßen selbst beschenkt. Natürlich ist das unfair, die Spielregeln willkürlich zum eigenen Nutzen zu ändern.

Dabei sollte das Wahlrecht eigentlich geändert werden, um die Handlungsfähigkeit des Bundestags und damit das Vertrauen der Bevölkerung in die parlamentarische Demokratie zu wahren. Das war der oft formulierte Anspruch, weshalb die Sitze im Bundestag gedeckelt werden sollten. Mit dem Beschluss der Koalitionsspitzen entsteht nun aber vielmehr der fatale Eindruck, als wäre Regieren auch ein Selbstbedienungsladen. Der Eigennutz steht im Zweifel höher als das Ansehen der Demokratie, das ist das Signal, das die Große Koalition aussendet. Und das wird ein Makel sein, der den weiteren Schritten bei der Umsetzung der Reform anhaftet.

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