Opposition einig über Untersuchungsausschuss im Wirecard-Skandal

Nach Linken und FDP wollen nun auch die Grünen für die Einsetzung des Gremiums stimmen

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Der Wirecard-Skandal wird wahrscheinlich in einem Untersuchungsausschuss politisch aufgearbeitet. Die Grünen kündigten am Dienstag an, für die Einsetzung des Gremiums zu stimmen, das mögliche Missstände und Fehlverhalten in Regierung und Verwaltung aufklären soll. Damit ist die notwendige Zahl der Stimmen erreicht: Zuvor hatten bereits Linke und FDP ihre Unterstützung für einen Untersuchungsausschuss bekanntgegeben.

»Trotz der vielen Sondersitzungen haben wir es nicht geschafft, den Skandal aufzuarbeiten«, sagte der Grünen-Finanzexperte Danyal Bayaz nach der Sondersitzung des Finanzausschusses des Bundestags. Es habe »menschliche Fehler, systemische Fehler, aber auch politische Fehler« im Umgang der Regierung mit dem mittlerweile insolventen Finanzdienstleister gegeben.

Die Sprecherin der Grünen für Finanzpolitik, Lisa Paus, erklärte: »Statt endlich aufzuklären, mauert die Bundesregierung im Wirecard-Skandal und liefert Informationen scheibchenweise oder gar nicht.« Es sei zudem »erschreckend, wie naiv die Bundesregierung mit Lobbyismus umgeht«, sagte sie mit Blick auf ehemalige Regierungsmitglieder, die später erfolgreich für Wirecard im Kanzleramt warben.

Deshalb wollten die Grünen mit »allen demokratischen Fraktionen« zusammenarbeiten und einen Untersuchungsausschuss beschließen. Bayaz betonte, dass es bei dem Ausschuss »nicht um ein politisches Tribunal, sondern um Aufklärung« gehe. Es sei eine »große Chance«, das verlorene Vertrauen der Anleger in die Börse und die Politik zurückzugewinnen.

Linke und FDP begrüßten die Entscheidung. Zusammen haben die drei Oppositionsparteien mehr als ein Viertel der Stimmen im Bundestag. Das reicht, um die Einsetzung des Untersuchungsausschusses ohne die Stimmen der AfD zu beschließen. Die Regierungsparteien CDU und SPD signalisierten ihre Bereitschaft zur Mitarbeit.

Der Finanzexperte der Linken, Fabio di Masi, wies auf das Schicksal von Kleinsparern hin, die viel Erspartes durch den Börsensturz des ehemaligen Dax-Konzerns verloren hätten. »Wir schulden es diesen Menschen, den ganzen Komplex aufzuklären«, sagte der Abgeordnete. Der Untersuchungsausschuss könne zudem dazu beitragen, Lücken in der Regulierung und Aufsicht der im Alltag immer wichtigeren Zahlungsdienstleister zu schließen.

Der finanzpolitische Sprecher der FDP, Florian Toncar, sagte, ein Untersuchungsausschuss böte »Schutz vor politischen Entscheidungsträgern, die erst wegschauen und sich dann wegducken«. Er äußerte die Hoffnung, einen gemeinsamen Untersuchungsauftrag »bereits nächste Woche« in den Bundestag einzubringen. Die Verhandlungen darüber sollten noch am Dienstag starten. Wegen des nahenden Endes der Legislaturperiode hätten die Parteien keine Zeit zu verlieren.

Die Mitglieder des Finanzausschusses hatten in den vergangenen beiden Tagen unter anderem Justizministerin Christine Lambrecht (SPD), Bafin-Chef Felix Hufeld sowie Vertreter des Bundeskanzleramts und der bayerischen Staatsregierung befragt. Im Juli mussten bereits Finanzminister Olaf Scholz (SPD) sowie Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) Rede und Antwort stehen.

Kernfragen waren, warum die Behörden vorliegenden Hinweisen auf betrügerisches Verhalten bei dem Münchner Konzern nicht eher und entschiedener nachgegangen sind. Es geht aber auch um die Verbindungen des Konzerns bis in höchste Regierungskreise sowie mögliche Kontakte zu deutschen und ausländischen Geheimdiensten.

Wirecard soll jahrelang seine Bilanzen gefälscht haben. Insgesamt 1,9 Milliarden Euro, die auf Konten in Asien liegen sollen, sind nicht auffindbar. Die Staatsanwaltschaft München I ermittelt in dem Fall. Sie geht von gewerbsmäßigem Bandenbetrug aus. Der ehemalige Wirecard-Chef Markus Braun wurde verhaftet, Ex-Finanzchef Jan Marsalek befindet sich auf der Flucht vor den Strafbehörden. AFP/nd

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