Corona könnte das Fliegen verändern

Dr.Schmidt über den Rückzug der Großraumflugzeuge während Corona

Dr. Steffen Schmidt, Jahrgang 1952, ist Wissenschaftsredakteur des »nd« und der Universalgelehrte der Redaktion. Auf fast jede Frage weiß er eine Antwort – und wenn doch nicht, beantwortet er eine andere. Wolfgang Hübner fragte ihn nach dem Rückzug der Großraumflugzeuge.

Bist Du schon oft geflogen?

Nicht sehr oft, aber wohl öfter, als gut ist.

Auch schon mal mit einem Jumbo-Jet?

Nein, die fliegen nur auf den langen Routen, und das ist bei meiner Beinlänge kein Vergnügen.

Der Boeing-Konzern will die Produktion des Großflugzeugs 747 einstellen. Warum in Zeiten weltweiter Vernetzung?

Offenbar sind so große Flugzeuge heute schwerer auszubuchen als kleinere. Diese Erfahrung hatte ja auch schon Airbus gemacht. Das dürfte unter anderem damit zu tun haben, dass klassische Fluglinien vom Markt verschwunden sind. Den ersten Kunden für die 747, Pan Am, sieht man nur noch in alten Filmen. Bei Boeing kommt noch dazu, dass ihre 737 MAX wegen technischer Mängel seit über einem Jahr am Boden steht - ein Milliardenverlust.

Lange glaubte man ja, der internationale Flugverkehr sei ein unendlicher Wachstumsmarkt.

Bis zu Corona war es tatsächlich so. Nicht zuletzt wegen der Billigflieger. Doch die haben die Branche verändert. Früher hat die Businessclass den Flug finanziert und die Touristenklasse den Gewinn eingespielt. Inzwischen fliegen immer weniger Leute in den oberen Klassen.

Liegt es auch daran, dass wegen der Digitalisierung weniger Dienstreisen stattfinden?

Da könnte nach Corona ein dauerhaftes Umdenken einsetzen. Dennoch werden Dienstreisen nicht aussterben. Was passieren wird: dass Fluggesellschaften wegen der Corona-Verluste ihre Investitionen in neue Flugzeuge weiter in die Zukunft verlagern.

Werden die Jumbos als Irrweg in die Geschichtsbücher eingehen?

Sie werden als Passagierflugzeuge nach und nach verschwinden. Ein bisschen schade ist es ja; ein Flugmanager sagte mal, man werde nie wieder so komfortabel fliegen wie mit dem Airbus A380. Eine etwas längere Zukunft haben die US-Jumbos sicher als Großraumfrachtflugzeuge. Da sind sie weitgehend konkurrenzlos, denn die ukrainischen Antonows zeichnen sich nicht unbedingt durch sparsamen Verbrauch aus, und alle anderen sind kleiner.

Gibt es im Flugverkehr alternative Antriebe?

Es gibt die Selbstverpflichtung der Luftfahrtindustrie, den CO2-Ausstoß zu verringern. Das wird auf drei Wegen versucht: die Technik sparsamer machen, Treibstoffe aus erneuerbaren Quellen und Elektroantrieb.

Wie sieht es mit dem Beamten aus, das man aus Science-Fiction-Filmen kennt?

Da kenne ich keinen vernünftigen Ansatz. Aber wer weiß. Der Autor der Vorlage für »2001 - Odyssee im Weltraum«, Arthur Charles Clarke, sagte mal, dass jede fortgeschrittene Technologie wie Magie aussieht. Und was hätten wohl die Leute vor nur 30 Jahren gesagt, wenn man ihnen vom Smartphone erzählt hätte?
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