Lahmer Protest der Corona-Leugner

1500 Italiener protestieren gegen Gesundheitspolitik von Regierungschef Giuseppe Conte

  • Wolf H. Wagner, Florenz
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Befürchtungen waren angesichts der jüngsten Bilder aus Berlin groß, doch in Rom blieb der erwartete Ansturm von Gegner der Corona-Maßnahmen am Samstagnachmittag aus. Nach Angaben der Polizei versammelten sich etwa 1500 Demonstranten an der berühmten »Bocca della Verità«, dem Mund der Wahrheit. Organisiert wurde der Protest von das »Volk der Mammas«, die Impfgegner »NoVax« sowie die neofaschistische Forza Nuova. Was als Sturm auf Rom zum Sturz der Regierung Giuseppe Contes gedacht war, endet als kleine Kundgebung Unzufriedener - die römische Tageszeitung »La Repubblica« titelte: »Flop von NoMask und Ultrarechten«.

Der römische Chef der rechtsextremen Forza Nuova, Giuliano Castellino, beschuldigte die Regierung, das Volk »an den Rand des Hungers« gebracht zu haben. Demonstranten verbrannten Bilder von Papst Franziskus und Beppe Grillo, andere wiederum zeigten solche von Franziskus Vorgänger Benedikt XVI. und Donald Trump, ein Transparent behauptete, der US-Präsident stehe an der Seite des italienischen Volkes.

In sich bildeten die Demonstranten - wie auch bei ähnlichen Aktionen in den anderen europäischen Hauptstädten - keine homogene Einheit. Neben besorgten Familien waren auch die Militanten von rechts auf dem Platz. Die »Orangenen Westen«, die noch im Frühjahr als Corona-Leugner Unruhe verbreiteten, waren nur vereinzelt anwesend. Ihr Chef Antonio Pappalardo erklärte, er könne als ehemaliger Carabinieri-General »keine gemeinsame Sache mit Faschisten« machen.

Der linke Gesundheitsminister Roberto Speranza erklärte von einer Veranstaltung in Potenza aus, ihn »grusele es«, wenn er die Bilder aus Rom sehe. Der Vorsitzende der Demokratischen Partei (Pd) und Gouverneur von Latium, Nicola Zingaretti, erklärte, die Demonstration sei eine Beleidigung der über 35 000 Verstorbenen und ihrer Familien, der Tausenden Ärzte, Schwestern und Pfleger. Außenminister Luigi Di Maio (M5S) meinte, die »Leugner sprechen von einem Krieg der Regierung gegen das Volk, doch der Krieg war vor Monaten, in dem wir Tausende verloren haben und deren Familien weinen«. Die Demonstranten schuldeten diesen Respekt.

Polizei und Sicherheitskräfte waren mit einem großen Aufgebot zur Stelle, zu Ausschreitungen kam es nicht. Der Erkennungsdienst der Polizei bemühte sich alle Teilnehmer, die weder Masken trugen noch die notwendigen Sicherheitsabstände einhielten, zu fotografieren, um spätere Infektionsketten verfolgen zu können.

Möglicherweise hat auch die Erkrankung des Forza-Italia-Chefs und langjährigen Premiers Silvio Berlusconi etliche Menschen abgehalten, sich an der Demonstration zu beteiligen. Der Ex-Cavaliere hatte sich mit dem Coronavirus infiziert und wird derzeit in Mailand in einem Krankenhaus behandelt. Sein Zustand sei ernst, Berlusconi leide an einer interstitiellen Pneumonie, einer Lungenentzündung, die beide Flügel erfasst hätte. Infiziert sollen auch Tochter Barbara, Sohn Luigi und Berlusconis derzeitige Lebensgefährtin Marta Fascina sein.

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