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Kirchenasyl: Staat verzögert
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: Kirchengemeinden dürfen Gäste nicht mehr als »untergetaucht« behandeln
Nach der Evangelischen Kirche in Deutschland fordert auch die Linke im Bundestag Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) auf, die 2018 eingeführten verschärften Regelungen zum Kirchenasyl zurückzunehmen. Die Abgeordnete Ulla Jelpke sagte dem »nd«: »Ich erwarte von BAMF-Chef Hans-Eckhard Sommer, dass er den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes vom Juni nun zügig umsetzt.«
Wie »nd« berichtete, hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig in einem erst jetzt bekannt geworden Beschluss vom 6. Juni die BAMF-Praxis für rechtswidrig erklärt, Menschen im Kirchenasyl als »untergetaucht« zu behandeln. Das hat gravierende Auswirkungen auf sogenannte Dublin-Fälle. Das sind Flüchtlinge, die auf ihrem Weg nach Deutschland über einen anderen EU-Staat gereist sind und dort bereits registriert wurden. Nach der Dublin-Verordnung der EU hat die Bundesregierung sechs Monate Zeit, sie in den anderen EU-Staat zurückzubringen. Schaffen es die Behörden nicht, jemanden innerhalb dieser Frist etwa nach Italien zu schicken, ist die Bundesrepublik für die Abwicklung des Asylverfahrens zuständig. Ist jemand allerdings untergetaucht, verlängert sich diese Frist auf 18 Monate. Die meisten Kirchenasyle betreffen Dublin-Fälle.
Für die Flüchtlinge, aber auch für die Kirchengemeinden ist die Verlängerung der Zeit, die sie im Kirchenasyl verbringen, eine große Belastung. Während dieser Frist dürfen die Geflüchteten nicht arbeiten gehen oder Sprach- und Integrationskurse besuchen. Sie müssen im Kirchenraum oder Gemeindehaus ausharren. Die Gemeinden kommen für alle Kosten ihrer Gäste auf, denn staatliche Sozialleistungen gibt es für sie nicht. Bei Fristen bis zu 18 Monaten stoßen viele Gemeinden an ihre Grenzen, so dass die Zahl der Kirchenasyle trotz steigenden Bedarfs rückläufig ist.
Ulla Jelpke begrüßt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Seehofer lässt diese allerdings noch prüfen, anstatt sie umzusetzen. »Das BAMF sollte das Urteil zum Anlass nehmen, endlich seinen Konfrontationskurs gegenüber den Kirchen zu beenden«, sagt die Politikerin. Sie forderte das Bundesamt auf, bereits während des Kirchenasyls zu prüfen, ob die Bundesregierung aus humanitären Gründen die Zuständigkeit für das Asylverfahren übernehmen könne, statt die Betroffenen nach Italien oder Griechenland zu schicken, wo die Bedingungen schwierig seien. Das geschehe derzeit nur »im niedrigen einstelligen Bereich«.
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