Nächster Oppositioneller in Minsk offenbar festgenommen - von »maskierten Männern«

Kontakt zu belarussischem Anwalt Snak am Mittwochmorgen abgerissen / Oppositionelle Tichanowskaja: Nur Neuwahlen können Belarus retten

  • Lesedauer: 3 Min.

ie Opposition in Belarus (Weißrussland) hat nach eigenen Angaben den Kontakt zu einem weiteren wichtigen Mitglied des Minsker Koordinierungsrates verloren. Der Jurist Maxim Snak sei nach einem kurzen Telefonat nicht mehr erreichbar, teilte ein Sprecher der Opposition am Mittwoch dem Internetportal tut.by mit. Snak habe ihm nur noch sagen können, dass Maskierte zu ihm gekommen seien. Dann sei die Verbindung abgebrochen.

Berichten zufolge soll er festgenommen worden sein. Auf Bildern war zu sehen, wie Snak von Maskierten begleitet und abgeführt worden sein soll. Sein Anwalt sagte, dass das Ermittlungskomitee gegen ihn vorgehe. Die genauen Gründe seien unbekannt. Eine Bestätigung der Behörden gab es zunächst nicht.

Der 39-Jährige ist im Präsidium des Koordinierungsrates und eines der bekannten Gesichter der Opposition. Die Behörden gehen gegen das Gremium vor, die meisten Mitglieder wurden festgenommen oder zur Ausreise gedrängt. Der Jurist und die international hoch angesehene Literaturnobelpreisträgerin Swetlana Alexijewitsch waren zuletzt die einzigen Mitglieder, die noch in Belarus und in Freiheit waren.

Der Koordinierungsrat stellt sich gegen den autoritären Präsidenten Alexander Lukaschenko und will einen friedlichen Machtwechsel erreichen. Seine zentrale Forderung ist ein Dialog mit der Staatsmacht, Neuwahlen anzusetzen und politische Gefangene freizulassen. Lukaschenko lehnt aber einen Dialog mit den Mitgliedern des Gremiums ab.

Oppositionelle Tichanowskaja: Nur Neuwahlen können Belarus retten

Die belarussische Oppositionelle Swetlana Tichanowskaja hält Neuwahlen für den einzigen Ausweg aus der derzeitigen Situation in ihrem Land. »Nur eine neue Wahl kann unser Land retten«, sagte Tichanowskaja am Mittwoch in Warschau nach einem Treffen mit Polens Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki. »In den Augen des Volkes ist Lukaschenko nicht mehr länger der legitime Präsident.« Die Oppositionsbewegung stehe in der Mitte ihres Kampfes.

Der belarussische Staatschef Alexander Lukaschenko hatte sich nach der Präsidentenwahl vor gut vier Wochen mit mehr als 80 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären lassen. Die Opposition hält dagegen die 37-jährige Tichanowskaja für die wahre Gewinnerin der Wahl. Die Abstimmung steht international als grob gefälscht in der Kritik. Seit dem 9. August gibt es täglich Proteste, bei denen die Sicherheitskräfte teilweise brutal vorgingen.

Vor Studenten der Warschauer Universität sagte Tichanowskaja, die Proteste müssten weiterhin einen friedlichen Charakter behalten. »Das Regime zeigt seine Schwäche, wenn es Soldaten schickt.« Belarus müsse ein neutrales und unabhängiges Land werden.

Die Opppositionspolitikerin lebt inzwischen im Exil im benachbarten EU-Land Litauen. Sie war unter Druck der Behörden dorthin ausgereist. Bei ihrem Besuch in Polen wird Tichanowskaja auch ein internationales Wirtschaftsforum besuchen. Agenturen/nd

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