Arm in Arm im zerrissenen Land

Beim Start der US-Footballliga NFL protestieren Spieler gegen Rassismus - doch einige Fans buhen.

  • Uli Schember
  • Lesedauer: 3 Min.

An der Mittellinie hakten Patrick Mahomes und Deshaun Watson die Arme ineinander, rechts und links von den beiden Quarterbacks stellten sich die Kansas City Chiefs und die Houston Texans in einer Reihe für den »moment of unity«, einen Moment der Geschlossenheit, auf. Die gut 80 Meter lange Menschenkette zum NFL-Auftakt war ein starkes Zeichen, doch es kam nicht bei jedem an. Von den Rängen gab es Buh-Rufe.

Solche Reaktionen werden erst einmal die Ausnahme sein, denn wegen Corona sind in nur sechs Arenen Zuschauer zugelassen. Knapp 16 000 durften beim ersten Saisonspiel der Footballliga ins Arrowhead Stadium in Kansas City, in das sonst 76 500 passen. Dass einige Privilegierte, die weit verteilt im Stadion saßen, ihrem Unmut über die Aktion Luft machten, sorgte für Kopfschütteln.

»Ich weiß nicht, warum man da buhen muss«, sagte Bill O’Brien, Cheftrainer der Texans, es sei doch »eine schöne Sache« gewesen. Und auch sein Starspieler J.J. Watt zeigte sich enttäuscht: »Ich verstehe das nicht«, sagte der bullige Abwehrspieler: »Das hatte nichts mit der Flagge zu tun.«

In der Vergangenheit waren die NFL-Teams in erster Linie wegen ihrer Proteste während der Nationalhymne kritisiert worden. Das demonstrative Hinknien, eingeführt von Quarterback Colin Kaepernick, sei unpatriotisch hieß es, und respektlos gegenüber den Soldaten. Gebuht wurde diesmal aber bei einer Geste für Zusammenhalt.

Es waren nicht die ersten kritischen Reaktionen an diesem besonderen Abend, denn schon zuvor hatten die Mannschaften Botschaften gesendet. Houston blieb während der US-Hymne in der Kabine, ebenso beim Abspielen des Lieds »Lift Ev’ry Voice and Sing«, das als die Hymne der Afroamerikaner gilt. Die Chiefs zogen sich nach der Zeremonie selbst noch einmal vom Feld zurück - und wurden auch dafür im eigenen Stadion ausgebuht.

Die Aktionen und Reaktionen sind typisch für das zerrissene Land, in dem es nach Skandalen um Polizeigewalt gegen unbewaffnete Schwarze seit Monaten Proteste gibt. In der von Afroamerikanern dominierten NFL wird das Thema schon jahrelang fast täglich debattiert - und dabei wird es erst mal auch bleiben. So viel ist sicher. Die Rufe von den Tribünen konnten bei allem Ärger niemanden überraschen, der Spielverlauf auch nicht. Titelverteidiger Kansas City ließ beim 34:20 nichts anbrennen.

Quarterback Patrick Mahomes, der im Sommer einen Rekordvertrag über zehn Jahre und 450 Millionen US-Dollar unterschrieben hatte, war mit drei Touchdown-Pässen mal wieder der überragende Spieler. Sein Gegenüber Watson, der dank eines neuen Arbeitspapiers laut Medienberichten bis 2025 immerhin auch rund 177 Millionen Dollar verdienen soll, konnte da nicht mithalten.

»Es macht Spaß, hier draußen zu stehen, um wieder etwas Normales zu tun«, sagte Mahomes, »angesichts der Sommerpause, die wir als Welt, als Nation hatten.« Der 24-Jährige brachte 24 Würfe für 211 Yards Raumgewinn an den Mann. Ein starker Auftritt, völlig zufrieden mit dem Abend konnte Mahomes wegen des Vorlaufs aber kaum sein.

»Ich habe die Buh-Rufe auch gehört«, schrieb Quinton Lucas, schwarzer Bürgermeister von Kansas City, bei Twitter: »Aber wir haben Hunderttausende hier, die die Botschaft der Spieler respektieren.«

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