Mr. Giga und das Problem der Wertschätzung

Velten Schäfer studiert den Börsenkurs von Tesla

  • Velten Schäfer
  • Lesedauer: 3 Min.

Es gibt ja allerlei Wirtschaftstheorien über den Wert: wo er herkommt, wo er hingeht, was er auf diesem Wege so alles anstellt mit den Menschen und vieles mehr. In der Wirtschaftspraxis kommt es indes vor allem auf die Wertschätzung an.

Wie sich nun diese bemisst, zeigte sich vor rund zehn Tagen im Brandenburgischen, als Mr. Tesla seine Gigafabrik beehrte: Zahlenmäßig waren die 50 Figuren am Straßenrand ein Reinfall, zumal die meisten aus beruflichen Gründen erschienen. Von der Intensität her ging seine Wertschätzung indes durch die Decke: Es sollen sich Menschen schon Nächte zuvor eingefunden haben, um des Meisters Ankündigung nicht zu verpassen, wie viel »Fun« man in Grünheide haben werde.

Auch sonst gilt in der Welt von Elon Musk ein Prinzip, das das Quantitative hinter dem Qualitativen versteckt. Und dieser Mechanismus wird dem Gründer noch zu Monatsbeginn tatsächlich viel »Fun« bereitet haben. Schließlich galt sein Konzern zu dieser Zeit als mit 165 Milliarden Euro »wertvollster Autobauer« der Welt, nachdem Tesla im Sommer »die Märkte« mit Quartalsgewinnen überrascht hatte, die in etwa auf dem Niveau der SG Eintracht Frankfurt lagen. Auch dass im Vorjahr die Katastrophenmarke Opel nach Abzug aller Krisenkosten rund dreieinhalbmal so viel verdiente, wie heuer - falls es so weitergeht -, von Tesla zu erwarten ist, kann wertschätzungsmäßig als geschenkt verbucht werden. Es ist das Wie, auf das es ankommt.

Wie sehr diese Wertschätzung vom zweiten Wortbestandteil regiert wird, kann sich freilich auch in einer Form erweisen, die Mr. Giga dann doch weniger »Fun« bereitet. Kaum schätzte ein Wertexperte im amerikanischen Fernsehen, Tesla sei rund zehnfach überbewertet, schätzten auch die Türwächter des Börsenindex S&P 500 die E-Commerce-Plattform Etsy, den Test-Equipment-Anbieter Teradyne und die Pharmafirma Catalen als erfolgversprechender ein. Und schon war Tesla nicht mehr wertvoller als VW, BMW und Daimler zusammengenommen, sondern nur noch so viel wert wie die Wolfsburger.

So ist es nun schwer abzuschätzen, wie es mit dem Autobauer weitergeht. Ob der Hypergigakonzern auf VW-Niveau verharrt, sich eher Opel nähert oder doch samt Gründer Richtung Mars abhebt, liegt wortwörtlich im Auge des geschätzten Betrachters. Denn weiterhin kursiert sogar die Einschätzung, dass Tesla sich irgendwann in heiße Luft auflösen werde. Was wirklich passiert, hängt in der Welt des Elon Musk vor allem davon ab, als wie weit verbreitet solche negativen Einschätzungen von den geschätztesten Schätzern eingeschätzt werden.

Dieses Spiel der Einschätzung von Einschätzungen steht im Grunde jedem offen. Und wer seinen Tipp nicht mit der Bankkarte abgibt, kann bei alledem gewiss seinen Fun haben - und sei es nach der Eröffnung eines Spaßbades Grünheide anno 2030, was in Brandenburgs Wirtschaftsgeschichte sozusagen keine Premiere wäre.

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