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Schwangere unerwünscht
Wie Arbeitgeber werdenden Müttern das Leben schwermachen
Friedrichshafen. »Niemals einen Aufhebungsvertrag unterschreiben«: Das ist das erste, zu dem Sozialarbeiterin Alexandra Schmucker Schwangeren rät, die zu ihr in die Beratungsstelle des Caritasverbandes der Diözese Rottenburg-Stuttgart in Friedrichshafen kommen. Seit 2013 unterstützt sie dort schwangere Frauen. Momentan beobachtet sie einen Trend: »In den vergangenen Monaten kamen immer mehr Schwangere zu mir, die am Arbeitsplatz unter Druck gesetzt werden«, sagt sie.
Nach Angaben der Antidiskriminierungsstelle des Bundes »kommt es sehr häufig vor, dass (werdende) Mütter wegen Schwangerschaften und Kindererziehungszeiten benachteiligt werden«. Die Bundesbehörde berichtet von Fällen, in dem ein Unternehmen Frauen zum Einstieg einen befristeten Arbeitsvertrag gab, um sich vor dem »Risiko« einer schwangeren Beschäftigten zu schützen. Grundsätzlich darf Beschäftigten vom Beginn der Schwangerschaft bis mindestens vier Monate nach der Geburt nicht gekündigt werden.
Zu Schmucker in die Beratung kommen zunehmend werdende Mütter, deren befristeter Arbeitsvertrag nicht verlängert wurde, sobald sie die Schwangerschaft bekanntmachten. »Das ist besonders dann ein großes Problem, wenn der Vertrag vor oder im Mutterschutz endet«, sagt sie. Je nachdem wann genau der Vertrag endet, zahlt die Krankenkasse entweder Mutterschaftsgeld in Höhe des Krankengeldes oder des Arbeitslosengeldes. »Für die Frauen bedeutet das große finanzielle Einbußen«, sagt Schmucker.
Vereinzelt werde laut Schmucker auch auf unrechtmäßige Methoden zurückgegriffen, um schwangere Mitarbeiterinnen unter Druck zu setzen. »Es kommt vor, dass sie so lange mit den Ängsten der Schwangeren spielen, bis sie einen Aufhebungsvertrag unterschreiben«, sagt sie. In die Hände spiele ihnen die Unwissenheit vieler Schwangerer über ihre Rechte. In Einzelfällen werden die werdenden Mütter so lange gemobbt, bis sie freiwillig gehen.
Für manche Schwangere sei die Gefahr besonders groß, vor den Belastungen am Arbeitsplatz zu kapitulieren, sagt die Caritasexpertin aus Friedrichshafen. Am Bodensee arbeiteten zum Beispiel viele Saisonkräfte aus Europa, die ihre Rechte nicht kennen.
Die Situation ist aber auch in anderen Branchen nicht besser. »Durch die Schwangerschaft vermutet der Arbeitgeber, dass die Frau erstens ihre Erwerbstätigkeit unterbricht und zweitens wahrscheinlich nicht in Vollzeit zurückkehrt«, sagt Sozialökonomin Aline Zucco von der Hans-Böckler-Stiftung. In Bereichen wie der Finanzbranche, in denen lange Wochenarbeitszeiten wichtig sind, könne das ein Problem werden. »Nicht zuletzt deswegen steigen vor allem in dieser Branche die Gehaltsunterschiede zwischen den Geschlechtern ab dem Alter von 31 Jahren deutlich an - dem durchschnittlichen Alter der Frauen bei der Geburt des ersten Kindes in der Branche«, sagt sie.
Mit der Geburt sind weder die Beratungsarbeit Schmuckers noch die Herausforderungen am Arbeitsplatz vorbei. »Wenn die Frauen sich vor der Geburt bei der Arbeit unter Druck gesetzt fühlten, fragen sich schon einige, ob sie überhaupt zurückkehren wollen«, sagt sie. Auch wenn Frauen nach dem Mutterschutz oder der Elternzeit wieder arbeiten gingen, höre die Benachteiligung nicht immer auf. »Die Frauen haben ein Recht auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz wie vor der Geburt. In der Realität wird gleichwertig aber sehr weit ausgelegt«, sagt Schmucker.
Langfristig werden durch die Schwierigkeiten für Schwangere am Arbeitsplatz traditionelle Rollenbilder gestärkt, warnt die Caritas-Beraterin. Im Jahr 2018 war nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund ein Viertel der Mütter, deren jüngstes Kind jünger als sechs war, in Elternzeit. Unter den Vätern lag der Anteil bei 1,6 Prozent.
Es reiche nicht, die bestehenden Rechte für Schwangere durchzusetzen, sagt Sozialarbeiterin Schmucker. »Man muss präventiv dafür sorgen, dass es sich für Frauen lohnt, wieder arbeiten zu gehen und dafür zum Beispiel die Betreuungskosten senken«, fordert sie. epd/nd
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