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Feiern im Krisenmodus
Pressefest der »L’Humanité« fand unter Corona-Bedingungen statt
Da das traditionelle Pressefest der kommunistischen Zeitung »L‘Humanité« diesmal wegen der Coronaepidemie nicht im Park der Pariser Vorstadt Dugny stattfinden konnte und abgesagt werden musste, fanden an diesem Wochenende in Paris und Umgebung als Ersatz einige dezentrale Veranstaltungen statt. Die dort organisierten Debatten und Konzerte mit einer begrenzten Zahl von Zuhörern konnten auch live im Internet verfolgt werden.
Podiumsdiskussionen zu aktuellen politischen und sozialen Themen sowie Begegnungen zwischen Schriftstellern und ihren Lesern fanden im Club La Bellevilloise, einem ehemaligen Fabrik- und Bürogebäude im Pariser Arbeiterviertel Belleville, statt. In dem vom brasilianischen Architekten und Kommunisten Oscar Niemeyer entworfenen modernen Gebäude der Kommunistischen Partei im Osten von Paris gab es Debatten zu internationalen Themen und Pop-Konzerte zu erleben. Außerdem wurde hier eine Fotoausstellung mit Bildern aus der 90-jährigen Geschichte der Humanité-Pressefeste gezeigt. In der Großen Halle in La Villette, einem unter Denkmalschutz stehenden Metallbau eines ehemaligen Schlachthofs, gab es einen Trödelmarkt der 1945 von Kommunisten gegründeten Hilfsvereinigung Secour populaire mit Büchern, Kleidung, Spielzeug, Haushaltsgeräten und Möbeln, die von Pariser Bürgern gespendet worden waren.
Um die finanziell in großen Schwierigkeiten steckende Zeitung »L‘Humanité« zu unterstützen, war dazu aufgerufen worden, einen Spendenbon im Wert von 25 Euro zu kaufen - oder dafür eine darüber hinaus gehende Summe zu spenden. Dieser Bon diente als Eintrittskarte, um an den Veranstaltungen teilnehmen zu können. Voraussetzung war allerdings, dass man sich per Internet angemeldet hatte. Vor Ort wurde strikt darauf geachtet, dass die Zuhörer Abstand zueinander wahrten und eine Atemmaske trugen. Das schreiben die gegenwärtig geltenden epidemiologischen Regeln vor, denn die Pariser Region gehört mit ihrer wieder sehr hohen Zahl an Infektionen zu den »Roten Zonen«. Zum Trödelmarkt in La Villette musste man sich zwar nicht vorher anmelden, aber hier wurde darauf geachtet, dass sich - wie von den Behörden vorgegeben - nie mehr als 5000 Menschen gleichzeitig in der Halle aufhielten.
Der Nationalsekretär der Kommunistischen Partei, Fabien Roussel, rief in einer Podiumsdiskussion mit dem Vorsitzenden der Sozialistischen Partei, Olivier Faure, sowie mit Vertretern der Partei der Grünen und der Bewegung La France insoumise dazu auf, im Hinblick auf die Präsidentschaftswahl 2022 und die darauf folgende Parlamentswahl eine breite Front aller linken und grünen Kräfte zu schaffen. Alle Vorbehalte oder persönlichen Ambitionen sollten beiseite gelassen werden, um mit einem glaubwürdigen gemeinsamen Konzept für politische, soziale und ökologische Alternativen anzutreten.
In einer Debatte über die durch die Coronakrise verschärfte aktuelle Situation in der Wirtschaft verurteilte der Vorsitzende der Gewerkschaft CGT, Philippe Martinez, scharf jene Konzerne, die Massenentlassungen beschließen und zur Rechtfertigung die Epidemie vorschieben. Drei Viertel aller gegenwärtigen Entlassungen seien willkürlich und nicht gerechtfertigt. Als Beispiel nannte er die von der Supermarktkette Auchan angekündigte Entlassung von 1400 Mitarbeitern, obwohl der Lebensmittelhandel nachweislich nicht unter der Coronakrise zu leiden hatte, sondern dadurch im Gegenteil mehr Umsatz verzeichnen konnte. Martinez forderte die Regierung auf, von den Unternehmen als Gegenleistung für die vielen Millionen Euro staatlicher Corona-Beihilfen Garantien für die Erhaltung von Arbeitsplätzen einzufordern. Gleichzeitig kündigte der CGT-Vorsitzende für Donnerstag einen landesweiten Streik- und Aktionstag an, um den Forderungen der unter erschwerten Bedingungen arbeitenden Menschen Nachdruck zu verleihen.
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