- Brandenburg
- Qualität von Schulessen
Einmal Bio mit Geschmack
Ministerium verteilt Leitlinien für eine bessere Qualität von Schulessen
Der Mensa-Begriff - früher den Kantinen in Universitäten und Hochschulen vorbehalten - ist inzwischen auch in die Schulen vorgedrungen. Eine Methoden-Box zur Gründung von Mensa-AGs wurde am Mittwoch von Gesundheits-Staatssekretärin Anna Heyer-Stuffer an die Schulleitung des Hannah-Arendt-Gymnasiums in Potsdam-West übergeben. Dieses Kompendium soll dazu dienen, das Schulessen schmackhafter und gesünder zu machen, sagte die Staatssekretärin. Doch gehe es auch um Esskultur, die Umgebung, die Atmosphäre, die Zeit, die man sich dafür nehme. Erarbeitet wurde diese »Box«, dieser Leitfaden, der prinzipiell allen Schulen des Landes zur Verfügung steht, von Eva Maria Leupholz-Masovic, Universität Potsdam. Die, wie sie sagte, aus Montenegro stammt, und auch den in Österreich und der Schweiz entstandenen diesbezüglichen »Wissensschatz« darin einfließen ließ.
Kürzlich hat dieses Potsdamer Gymnasium zum Caterer (Essensbereitsteller) DLS (Dienst-Leistungs-Service GmbH) gewechselt, und ist mit der Wahl im Allgemeinen sehr zufrieden, wie Sportlehrerin Anja Schulz, die für die Mensa-AG und die gute Kost zuständig ist, vor der Übergabe in der Schul-Mensa sagt. Wenn Schülerinnen und Schüler sehen, wie der Salat entstehe, »dann macht das viel aus.« Mit Gründung der Mensa-AG gehe es darum, Kriterien und Standards zu formulieren und möglichst durchzusetzen.
Im Hannah-Arendt-Gymnasium stehen keine Süßigkeiten-Automaten, gleichwohl es an der Theke der Schulküche auch Süßigkeiten gibt. Diesbezüglich wolle die Schule nicht mit Verboten arbeiten, sondern mit Überzeugung, sagt die junge Lehrerin. Die stellvertretende Schulleiterin Dörte Schubert fügt hinzu, dass die Schule bei der Wahl des Caterers gern mehr Mitspracherechte gehabt hätte, da sei der Durchgriff der Stadtverwaltung möglicherweise zu entschieden. Doch habe die Schule mit ihrem gegenwärtigen Caterer einen guten Griff getan, was die Essensteilnehmer auch bestätigen würden. Alle begrüßten, dass in der schuleigenen Küche gekocht und das Essen eben nicht von irgendwoher angeliefert wird.
Grundsätzlich geheimnisvoll sind sie nicht, die Dinge, die sich um das Essen ranken. Käsebrezel und Eis gehen immer, meint Schulz. Wenn es Pizza oder Burger gibt, dann ist die Schlange vor der Schulküche lang, so lang, dass es für die Letzten fast nicht mehr möglich ist, vor der nächsten Stunde zu essen, erzählt der Zehntklässler Jakob Gürtler. Nachschlag zu bekommen sei schwierig, weil der erst ausgegeben werde, wenn alle ihr Essen haben. Beim Wechsel des Caterers seien ihm die ausgeschenkten Portionen zunächst noch etwas klein erschienen, doch das habe sich geändert. »Das ist bei uns gut organisiert«, lobt er. Qualität sei eben auch eine Standpunktfrage: Der eine mag die Nudeln weich, die andere »knuspriger«. Manche Kinder würde auch nach wie vor von Zuhause ihr Frühstück mitbringen, Stullen oder auch mal Müsli und Gemüse. Ein gutes, reichhaltiges Essen sei unverzichtbar: »Wir haben Montag und Dienstag acht Stunden, da geht es nicht ohne.«
Das Uni-Projekt Mensa-Box begann im Sommer 2019 und wird mit Jahresende auslaufen. Die Akteure wünschen sich, dass möglichst viele Schulen dieses Angebot annehmen. Staatssekretärin Heyer-Stuffer kündigte eine »Woche gegen Lebensmittelverschwendung« an.
Dem vorausgegangen war eine lange Debatte über die Qualität des Schulessens - und natürlich auch um seine Kosten. War eine warme Mahlzeit für Schüler in der DDR noch selbstverständlich - 55 Pfennig kostete sie seinerzeit - wurde dies nach der »Wende« abgeschafft. Schließlich war es im Westen üblich gewesen, dass die Mütter, die »natürlich« Hausfrauen waren, die Schulkinder bekochten. Im Arendt-Gymnasium kostet eine warme Mahlzeit 4,10 Euro. Damit liege man ein wenig über dem Durchschnitt, aber nicht wesentlich, sagt Lehrerin Schulz.
Nach 1990 waren die Schulen zunächst reihenweise mit Süßigkeiten-Automaten bestückt worden. Fachleute wandten ein, dass alle Appelle pro gesunde Kost versagen müssten, wenn die Kinder schon in der Schule den Strategien der Süßwarenkonzerne ausgesetzt seien. Vergeblich. Nachdem sich der Anteil fettleibiger Zehntklässler zwischen 1994 und 2007 auf 17 Prozent verdoppelt hatte, forderte die Linke, sämtliche Cola- und Limonadenautomaten aus den Schulen zu verbannen. Zudem sollten alle Kinder Zugang zu einem gesunden Mittagessen bekommen, am besten kostenlos, wie es in Berlin für die Klassen 1-6 seit einem Jahr der Fall ist.
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