Gigafabrik der Bahn in Cottbus

Ausbau des Instandhaltungswerks soll beim Strukturwandel im Kohlerevier helfen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 4 Min.

Im Instandhaltungswerk in Cottbus rüstet die Deutsche Bahn (DB) unter anderem alte Dieselloks auf Hybridantrieb um. 420 Mitarbeiter sind dort beschäftigt. Doch das ist erst der Anfang. In den Jahren 2023 bis 2026 soll das Werk massiv ausgebaut werden, wobei neben der alten Halle neue Gebäude entstehen. 1100 zusätzliche Arbeitsplätze plus 100 Lehrstellen werden entstehen. Am Donnerstag informierte die Bahn vor Ort über die Pläne.

Gebaut werden soll das modernste, größte und umweltfreundlichste Instandhaltungswerk des Konzerns. Künstliche Intelligenz und Robotik werden zum Einsatz kommen, wie man es noch nicht gesehen habe, schwärmte Sabina Jeschke, die im Bahnvorstand für Digitalisierung und Technik zuständig ist. Es werde möglich sein, in der Instandhaltung einzelne Waggons auf dem Gleis seitlich herauszuziehen, erklärte Jeschke. Sie zeigte mit ihrer Halskette, das wäre so, als wenn sie aus der Perlenschnur eine Perle herausnehmen könnte.

Neben einem Verwaltungs- und Technologiezentrum und einer neuen Halle für die Umrüstung auf Hybridantrieb soll auch eine neue Halle für die Instandhaltung von ICE-Zügen entstehen. In dieser 400 Meter langen Halle kann an mehreren Züge zugleich gearbeitet werden. Nachdem sie 1,5 Millionen Kilometer unterwegs waren, werden sie dort im Verlauf von fünf bis sechs Wochen auseinandergebaut und einer Revision unterzogen. Das werde auch anderswo gemacht, aber mit den Investitionen in Cottbus verdreifache die Bahn ihre Kapazitäten, erläuterte Ronald Pofalla, im Bahnvorstand für die Infrastruktur zuständig. Das sei nötig, da künftig mehr Fernzüge auf die Schiene kommen sollen.

Alles steht unter dem Motto: »Die Kohle geht - die Bahn kommt«. Spätestens 2038 soll in der Lausitz das letzte Braunkohlekraftwerk abgeschaltet werden. Rund 8000 Arbeitsplätze in den Kraftwerken und Tagebauen fallen weg, an denen noch Tausende weitere Jobs hängen.

Darum ist der geplante Ausbau des Bahnwerks für Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) ein »ganz wichtiges Zeichen« - weil 1200 neue Arbeitsplätze nicht erst geschaffen werden, nachdem die Jobs in der Kohle bereits verloren sind. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sieht in dem Bahnwerk die zweite Gigafabrik Brandenburgs - neben der im Bau befindlichen Autofabrik von Tesla in Grünheide.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte den Arbeitern im 14 Kilometer entfernten Kraftwerk Jänschwalde von Cottbus aus: »Wir kümmern uns darum, dass ihr gute Perspektiven in der Region finden könnt.« Der Lausitz stecke noch der Umbruch der 1990er Jahre »in den Knochen«. Damals sind etliche Tagebaue stillgelegt worden. Sie hatten Zehntausenden von Kohlekumpeln und Kraftwerkern samt ihren Familien Lohn und Brot verschafft. Woidke weiß über diese Tragödie Bescheid. Er wuchs am Rande des Tagebaus Jänschwalde auf und wohnt nach wie vor in Forst in der Lausitz. »Wir sind angetreten, um den Strukturbruch diesmal zu verhindern«, versicherte er.

Diese Lokomotive - gemeint ist das Bahnwerk - ziehe nicht nur Cottbus und die brandenburgische Niederlausitz, sondern auch die sächsische Oberlausitz bis weit hinter die Gegend von Weißwasser, freute sich Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Die Zuversicht der Bevölkerung wachse, da sie sehe, sie könne der Politik vertrauen. Sich ein Grundstück kaufen, den Traum vom Eigenheim verwirklichen, Kinder großziehen, dies werde in der Lausitz möglich sein, bemerkte Kretschmer mit Blick auf die Perspektiven, die sich seiner Ansicht nach eröffnen. Er dankte dem Bund für die Bereitschaft, den vom Kohleausstieg betroffenen Revieren in Deutschland mit 40 Milliarden Euro unter die Arme zu greifen. Dies sei »keine Selbstverständlichkeit in Zeiten, in denen das Geld knapp ist«. Kretschmer erinnerte daran, was sich in Ostdeutschland mit dem Begriff CO2-Einsparung verbinde. Denn wie wurde der Ausstoß von Kohlendioxid in der Bundesrepublik nach der Wende reduziert? Vor allem durch den Zusammenbruch der Industrie im Osten. Er hatte hier verheerende soziale Folgen.

Finanzminister Scholz ist überzeugt, dass es nun anders läuft. »Die Sonne scheint, die Zuversicht ist begründet«, sagte er in der spärlich beleuchteten Werkshalle.

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