Schon Perikles und Papst Urban taten es

Im Kampf um Vorherrschaft wurde bereits in der Antike wirtschaftlicher Druck angewandt.

  • Jörg Roesler
  • Lesedauer: 3 Min.

Immer wieder ist in Nachrichten über das Weltgeschehen die Rede von Sanktionen, Embargos oder Boykotten. Einzelne Staaten, manchmal auch ganze Staatengruppen, verhängen Handelssperren, verkünden Export- oder Importverbote gegenüber anderen Staaten, um diese wegen ihres tatsächlichen oder angeblichen Fehlverhaltens abzustrafen. Auffallend oft hat seit Beginn seiner Amtszeit der US-amerikanische Präsident Donald Trump mit Sanktionen gedroht und sie teilweise auch verhängt, sei es gegen Iran, China, einzelnen europäischen oder südostasiatischen Staaten, stets mit dem Ziel, die jeweiligen Regierungen den USA gegenüber gefügig zu machen. Damit haben Instrumentarien der Wirtschaftspolitik wieder an Bedeutung gewonnen, und von denen man meinte, dass sie mit dem Ende des Kalten Krieges zwischen Ost und West der Vergangenheit angehören würden. Die Gegenwart lehrt, dass mit dem Verschwinden der Konkurrenz der beiden konträren Gesellschaftssysteme Kapitalismus und Realsozialismus nicht auch die Rivalitäten zwischen Staaten und Staatengruppen um eigener Vorteile Willen aufgehoben sind. Nach wie vor beliebt ist die Ausübung wirtschaftlichen und politischen Drucks zur Erreichung, Sicherung oder Wiedergewinnung von Dominanz auf internationaler Bühne, ohne Rücksicht auf andere und wohl wissend, damit den weltweiten Warenaustausch empfindlich zu stören. Im Rampenlicht des Wirtschaftskrieges heute: China, die USA und Russland.

Sanktionen, Boykott und Embargos sind jedoch keine neuzeitlichen Erfindungen. Sie wurden bereits im Mittelalter und sogar schon in der Antike praktiziert. Der älteste bekannte Vorfall dieser Art ereignete sich vor fast zweieinhalbtausend Jahren im heutigen Griechenland. Im Jahre 432 vor unserer Zeitrechnung verbot Athen der Handelsrepublik Megara, weiterhin Häfen der Stadtstaaten des Attischen Seebundes anzulaufen. Hintergrund des Verdiktes war die aus Athener Sicht zu große Nähe der Kaufleute von Megara zu Sparta. Zwischen Athen und Sparta tobte bereits seit Jahrzehnten ein erbitterter Kampf um die Vorherrschaft in Hellas. Megara, am Isthmus von Korinth gelegen, kam in dieser Auseinandersetzung eine strategisch wichtige Rolle zu. Ebenso dem Attischen Seebund, über den die Athener den Handel in der Ägäis beherrschten. Athen wurde damals von Perikles regiert, ein gewiefter Stratege, der wie keiner vor oder nach ihm athenische Machtinteressen durchzusetzen verstand. Das Ende der Geschichte: Megara verlor seine wichtigsten Export- und Importquellen und büßte schmerzhaft an Wohlstand ein.

Ein Säkulum später zögerte Papst Urban IV. nicht, seine Untertanen zum Boykott von Waren aus den im Mittelmeerhandel stark engagierten Republiken Florenz und Siena aufzurufen, weil diese die Interessen seines Kirchenstaates zu gefährden drohten. Ebenfalls ein Handelsembargo verhängte Napoleon 1806 gegenüber England, die sogenannte Kontinentalsperre, verkündet übrigens in Berlin, in das der französische Kaiser nach der Schlacht von Jena und Auerstädt triumphierend Einzug gehalten hatte. Der über die deutschen Seehäfen abgewickelte britische Handel mit Mittel- und Osteuropa kam daraufhin zum Erliegen. Diesem ersten und wohl bekanntesten Wirtschaftsboykott der Neuzeit folgten viele weitere, zwischen 1910 und 1940 waren es allein elf.

Trump befindet sich also mit seinen rabiaten Interventionen in den Welthandel, wie man sieht, wirtschaftshistorisch betrachtet, in »guter Gesellschaft«.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -