Nasskalter Traum in Paris
Laura Siegemund feiert mit 32 Jahren den bislang größten Erfolg ihrer Tenniskarriere
Nach der »Nervenschlacht« im nasskalten Paris und ihrem erstmaligen Viertelfinaleinzug bei einem Grand-Slam-Turnier zog sich Laura Siegemund erst einmal eine dicke Jacke über. »Es macht keinen Spaß momentan, es ist auch für den Körper hart. Die Bälle sind so schwer, die Kälte ist nicht gesund«, sagte die 32-Jährige aus Metzingen am Montag nach ihrem Achtelfinalerfolg bei den French Open. Doch sofort fügte die deutsche Nummer drei hinter den bereits ausgeschiedenen Angelique Kerber und Julia Görges hinzu: »Man hat sich entschieden, hier Tennis zu spielen. Dann kann man halt auch nicht jammern.«
Siegemund saß eher erschöpft als euphorisiert in der digitalen Pressekonferenz und analysierte mehr nüchtern als emotional ihren Erfolg. Mit einem weiteren beeindruckenden Auftritt beim 7:5, 6:2 gegen die ebenfalls ungesetzte Spanierin Paula Badosa trotzte die Schwäbin den Wetterkapriolen und belohnte sich für ihren Kampfgeist und ihre Moral mit einem Viertelfinale an diesem Mittwoch gegen die zweimalige Wimbledon-Siegerin Petra Kvitova aus Tschechien. »Es war immer mein Traum, bei einem Grand Slam im Einzel in der zweiten Woche dabei zu sein. Es war eines meiner großen Ziele und ich bin froh, dass ich mir das erfüllen konnte«, sagte die Nummer 66 der Weltrangliste. Bei den US Open in New York hatte Siegemund zuletzt den Doppeltitel mit der Russin Vera Swonarewa gewonnen - im Einzel jedoch ist das Viertelfinale auf Sand in Paris ihr größter Erfolg.
Einen Tag nach dem heftig diskutierten Turnieraus von Alexander Zverev sorgte sie für positive Schlagzeilen aus deutscher Sicht. Der Hamburger war am Sonntag im Achtelfinale gegen den 19 Jahre alten Italiener Jannik Sinner ausgeschieden. Seine Aussagen, dass er am Abend vorher Fieber hatte und sich krank fühlte, sorgten anschließend vor allem in den sozialen Medien für heftige Diskussionen darüber, ob Zverev in diesem Zustand überhaupt hätte spielen dürfen und ob er eine Gefahr für seinen Gegner und die anderen Personen auf dem Platz gewesen sei. Nach Angaben der französischen Veranstalter wurde er das letzte Mal am 29. September getestet, das Ergebnis sei negativ gewesen. Vor dem Spiel habe die deutsche Nummer eins nicht den Turnierarzt über seine Probleme informiert, hieß es in einem Statement des französischen Verbandes, über das die »New York Times« berichtete.
So richtig gut ging und geht es Laura Siegemund auch nicht. In den vergangenen Tagen klagte sie über Rückenprobleme, vor dem Match am Montag gegen Badosa kämpfte sie mit Magengrummeln. »Heute war es anstrengend, es war irgendwie eine Nervenschlacht«, sagte Siegemund und führte aus: »Die Anspannung war höher, dazu der Wind, es war nass und kalt.«
3:5 lag die Deutschen im ersten Durchgang schon zurück, ihre regelmäßige Trainingspartnerin servierte zum Satzgewinn. Doch Siegemund, die mit Leggins und langärmligem Oberteil spielte, blieb cool, konterte mit vier Spielgewinnen nacheinander und sicherte sich nach 52 Minuten den ersten Satz. Im zweiten Durchgang musste Badosa zwischenzeitlich am Rücken behandelt werden, Siegemund ließ sich etwas zu essen bringen und hielt sich dann mit Aufschlagbewegungen und Trippelschritten auf der Stelle warm.
Nach 96 Minuten nutzte sie dann ihren ersten Matchball - und blickte schon wenig später sehr hoffnungsfroh in die nähere Zukunft. »Ich habe schon viele Turniere erlebt, die ganz übel angefangen haben, unter ganz schwierigen Bedingungen, ganz ekelhaft«, sagte Siegemund und ergänzte: »Am Finaltag schien dann die Sonne und es war ein wunderschöner Tag.« dpa/nd
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