Polizisten griffen Kameramann an und demütigten Bürger
Der Rechtsausschuss des Landtags behandelte am Donnerstag drei Fälle von Fehlverhalten im Amt
Im September 2019 stellte ein Spezialeinsatzkommando (SEK) der Polizei in einem leerstehenden Gebäude in Treuenbrietzen einen Sexualstraftäter. Ein Kameramann befand sich hinter einer Absperrung, auf einem ihm zugewiesenen Platz, versicherte er. Doch ein Polizist soll ihn bei der Arbeit behindert, sich ihm extra in den Weg gestellt haben.
Als der Journalist den Beamten daraufhin nach seinem Namen und seiner Dienstnummer fragt, wird er zu Boden gestoßen und festgehalten. Man hört den Kameramann röcheln. So zumindest zeigt es ein offenbar von dem Polizisten unbemerkt aufgenommenes Video, das als Beweismaterial in einem Gerichtsprozess diente, in dem sich der Journalist verantworten sollte, weil angeblich er den Polizisten angegriffen hatte und nicht umgekehrt. Am Mittwoch befasste sich der Rechtsausschuss mit diesem und anderen Fällen von polizeilichem Fehlverhalten. Gleich drei solcher Fälle kamen zur Sprache. Justizministerin Susanne Hoffmann (CDU) bestätigte gegenüber den Abgeordneten, dass die Staatsanwaltschaft gegen zwei Polizisten ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf Körperverletzung im Amt und uneidliche Falschaussage eingeleitet hat.
Hintergrund dieses Tagesordnungspunktes, den die Abgeordnete Marlen Block (Linke) beantragt hatte, war der Vorfall in Treuenbrietzen. Marlen Block zufolge hatte die Polizei Strafanzeige gegen den Journalisten gestellt, den sie des Angriffs auf einen Beamten bezichtigte. Ein weiterer Polizist hatte diese Darstellung bestätigt.
Im Gerichtsverfahren gegen den Kameramann allerdings kam als Beweismaterial das eingangs erwähnte Video des Journalisten auf den Tisch, das einen völlig anderen Verlauf des Geschehens dokumentiert hatte. Demzufolge war es der Polizist, der handgreiflich wurde. So jedenfalls sah es das Gericht auch und sprach den Journalisten frei. Jetzt ist die Frage, ob nicht doch noch Polizisten belangt werden - wegen der Handgreiflichkeiten des einen Beamten und weil ihn ein Kollege möglicherweise durch eine Falschaussage decken wollte. Justizministerin Hoffmann bestätigte auf Nachfrage von Block, dass die Ermittlungen gegen die beiden Polizisten wieder aufgenommen worden seien. Der Kameramann hatte sofort gegen beide Strafanzeige gestellt, doch zunächst hatte die Staatsanwaltschaft den Versicherungen der Beamten geglaubt, keinen Anfangsverdacht gehegt und das Verfahren gegen beide Polizisten eingestellt. Nachdem das Beweisvideo des Journalisten aber seine Darstellung des Geschehens stützte, mussten die Ermittlungen gegen die Polizisten wegen Körperverletzung wiederaufgenommen und um den Verdacht der uneidlichen Falschaussage erweitert werden. Diese dauern an. Wie die Justizministerin erklärte, gibt es kein »spezielles Verfahren«, das in dem Falle zur Anwendung kommen könnte, wenn Polizisten die Angeschuldigten sind. Der Beschwerdeweg führe am Ende in das Ministerium selbst, das die Dienstaufsicht über die Staatsanwaltschaften ausübe.
Der Abgeordnete Pèter Vida (Freie Wähler) stellte in den Raum, ob es sich beim möglichen polizeilichen Fehlverhalten um einen Trend oder um Einzelfälle handle. Man müsse gerade in solchen Fällen die Wirkung auf die Öffentlichkeit bedenken. Immerhin sei der Rechtsausschuss allein an diesem einen Tag mit drei Verdachtsfällen gegen Polizisten befasst.
»Ich spreche nicht von einem generellen Problem«, versicherte die Abgeordnete Block. Doch würden Beamte nun einmal eine herausragende Position einnehmen, und die Häufung der Verdachtsfälle binnen kürzerer Zeit sei »für mich auffällig«, sagte sie.
Ebenfalls auf Presseberichte stützt sich ein Ermittlungsverfahren gegen zwei Polizisten in Bad Belzig. Sie sollen eine betrunkene Person gefilmt und gedemütigt haben. Das Ministerium spricht hier von dem Vorwurf der Verletzung eines Lebensbereiches durch Bildaufnahmen. Auch in diesem Fall dauern die Ermittlungen an. In einem dritten Fall wurden die Ermittlungsverfahren laut Ministerin eingestellt, wogegen Beschwerde eingereicht wurde.
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