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Mister X stellt Korruptionsnetzwerk auf Zypern bloß
Nach Enthüllungen des arabischen Nachrichtensenders Al Jazeera kündigt das EU-Land die Aussetzung des Handels mit goldenen Pässen an
Jetzt aber schnell: Bereits zum 1. November will die Republik Zypern das Investitionsprogramm auf Eis legen, über das Geldanleger ab 2,5 Millionen Euro einen zyprischen Pass erhalten und sich somit die EU-Staatsbürgerschaft kaufen können. Die Entscheidung teilte Regierungssprecher Kyriakos Koushos am Dienstag nach einer Dringlichkeitssitzung des Kabinetts mit. Besonderer Beliebtheit erfreut sich das Programm seit Jahren bei der entsprechenden Klientel im Nahen Osten und in Russland. Insgesamt hat Zypern, das 2004 die EU-Mitgliedschaft erhielt, damit etwa sieben Milliarden Euro generiert. Die Abschaffung vorgeschlagen haben laut Koushos unter Verweis auf »langjährige Schwächen, Missbrauch und Ausnutzung der Bestimmungen« der Innen- und der Finanzminister.
Ganz freiwillig erfolgt der Schritt nicht. Tags zuvor hatte der Sender Al Jazeera mit Sitz in Katar eine Reportage gebracht, die zeigt, wie Beamte und Politiker sich ihre Hilfe für kriminelle Bewerber um einen »goldenen« Pass bezahlen lassen. Inhaber des Passes eines Mitgliedsstaates haben das Recht, sich in der Europäischen Union niederzulassen und frei zu bewegen. Undercover täuschten die Journalisten vor, für einen aus China geflohenen Interessenten aufzutreten. Bei ihrem »Mister X« handelte es sich um einen angeblich wegen Bestechung und Geldwäsche im Reich der Mitte in Abwesenheit zu sieben Jahren Haft verurteilten Geschäftsmann. Neben dem offiziellen Weg, erfuhren sie, existiert in Zypern noch ein weiterer, für »komplizierte« Fälle, der eine Kleinigkeit mehr kostet. Wer das begehrte Dokument ganz schnell benötigt, wer keine weiße Weste hat, muss auf die 2,5 Millionen Euro nur genügend draufpacken. Laut Al Jazeera soll es Dutzende Inhaber zyprischer goldener Pässe mit krimineller Vita geben. Korrupte Immobilienvertreter, Anwälte und Politiker arbeiten als Netzwerk Hand in Hand. Die Spur führt bis weit nach oben: Zyperns Parlamentspräsident Demetris Syllouris versprach den Lockvögeln »volle Unterstützung auf allen Ebenen« für den dubiosen Chinesen. Nur sein Name müsse aus der Sache herausgehalten werden, so Sylouris.
Für Vermögende findet sich nicht nur in Zypern eine Tür hinein in die »Festung Europa«. Etliche weitere EU-Länder haben dazu lukrative Geschäftsmodelle entwickelt. Diese sollen mit EU-Privilegien Investoren anlocken. Meist handelt es sich bei den geforderten Investitionen um den Kauf teurer Immobilien. Weniger Interesse gilt trotz bestehender Regeln der Herkunft der Gelder. Zypern steht seit langem im Verdacht, ein Anlageplatz für das Schwarzgeld russischer Oligarchen und chinesischer Geschäftsleute zu sein.
Die Praxis, EU-Aufenthaltstitel zu verhökern, sorgt seit Jahren von Bulgarien bis Portugal immer wieder für Skandale. Man habe »ungläubig beobachtet, wie hochrangige Beamte für finanzielle Bereicherung mit der europäischen Staatsbürgerschaft handeln«, kommentierte ein Sprecher der Europäischen Kommission am Dienstag den Bericht von Al-Jazeera. Die EU-Kommission begrüßte die Entscheidung der Regierung in Nikosia. Der im Mittelpunkt des Skandals stehende Parlamentspräsident Syllouris will die Ermittlungen der Justiz nicht durch Gebrauch seiner Abgeordneten-Immunität erschweren. Zurücktreten will er allerdings auch nicht, teilte er am Mittwoch mit.
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