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Milliardendebakel Berliner Luft
Studie: Luftverschmutzung reduziert den Wohlstand der Stadtbevölkerung erheblich
5,24 Milliarden Euro Wohlstandsverlust verursachte allein im Jahr 2018 die Luftverschmutzung in Berlin. Zu diesem Schluss kommt zumindest die Studie »Gesundheitskosten durch Luftverschmutzung in Städten und die Rolle des Verkehrssektors«, die am Mittwoch in einem Hangar des ehemaligen Flughafens Tempelhof vorgestellt wurde.
Die von der in Brüssel ansässigen European Public Health Alliance in Auftrag gegebene Studie wurde von der unabhängigen Forschungsorganisation CE Delft durchgeführt. Aktive der aus dem Fahrrad-Volksentscheid hervorgegangenen Initiative Changing Cities haben an dieser Studie mitgewirkt und stellten sie vor. Ermittelt und verglichen wurden die Wohlstandsverluste in 432 europäischen Städten. »Die Studie kommt auf eine Gesamtquantifizierung der sozialen Kosten im Jahr 2018 von mehr als 166 Milliarden Euro«, sagt Ragnhild Sørensen von Changing Cities.
Berlin landet im europaweiten Vergleich mit seinen für 2018 errechneten Milliardenkosten auf dem dritten Platz, nach London und Bukarest. Bei der Pro-Kopf-Berechnung schneidet Berlin im europäischen und deutschlandweiten Vergleich besser ab. Setzt man die Gesamtkosten ins Verhältnis zur Einwohner*innenzahl, so habe jede*r Berliner*in Kosten in Höhe von 1468 Euro. Die Stadt sei damit im deutschen Vergleich etwa auf Platz 20, sagt Antje Heinrich, die ebenfalls bei Changing Cities aktiv ist. Führend sind hier München, Heilbronn und Nürnberg.
Dass Luftverschmutzung in Städten die Gesundheit der Bevölkerung beeinträchtigt, ist nicht neu, zahlreiche Studien belegen das. Feinstaub und Stickstoffdioxid sind schädlich für Lunge und Atemwege und werden zu einem großen Teil durch das städtische Verkehrsaufkommen produziert. Neu ist allerdings der Versuch, diese Gesundheitsbeeinträchtigungen europaweit in einem Geldwert zu bemessen. Das ist das Anliegen der Studie.
Dabei gehe es nicht nur um volkswirtschaftlich nachweisbare Kosten für Arztbesuche oder ausfallende Arbeitskräfte, die als »Markteffekte« in die Berechnung eingeflossen seien. Den wesentlich größeren Beitrag lieferten die »Nicht-Markteffekte«, erklärt Antje Heinrich. »Das sind alle Dinge, die man nicht kaufen kann, wie Gesundheit und Lebensqualität«, sagt sie. »Diese Kosten trägt vor allem die Gesellschaft.«
Zur Umrechnung solcher Faktoren in einen Geldwert stützt sich die Studie auf Modelle der Weltgesundheitsorganisation und der Generaldirektion Mobilität und Verkehr der Europäischen Kommission. Demnach entspricht zum Beispiel der Verlust eines Lebensjahres einem Verlust von 70 000 Euro.
»Im Kapitalismus gilt das Geld«, sagt Ragnhild Sørensen. »Wenn Sachen nicht in Geld ausgedrückt sind, dann fällt es der Gesellschaft schwer, damit umzugehen. Der Versuch, das in Euro und Cent umzurechnen, bedeutet, das sichtbar zu machen.« Um gegen den Wohlstandsverlust vorzugehen, brauche es eine konsequentere Verkehrs- und Umweltpolitik. »Die bisherigen Versuche, die Luftverschmutzung zu begrenzen, sind unzureichend«, so Sørensen. Ein wichtiger Schritt sei die Reduzierung des Pkw-Verkehrs.
Die Senatsverwaltung für Verkehr und Umwelt gibt sich überzeugt von der eigenen Politik. »Die von uns eingeleitete Mobilitätswende zielt ebenso wie unser Luftreinhalteplan darauf ab, die Luftbelastung zu verringern«, sagt Staatssekretär Stefan Tidow (Grüne). Die Studie habe gezeigt, dass ökologische Fragen auch soziale und wirtschaftliche seien. »Berlin hat sich als einzige Stadt in Deutschland selbst verpflichtet, in den kommenden Jahren eine Luftreinhaltestrategie 2030 zu erarbeiten«, so Tidow.
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