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Wettrüsten im Pazifik
Die USA verkaufen für 1,5 Milliarden Euro Waffen an Taiwan, sehr zum Ärger von China
In Taiwan könnte man sich über die neue Kunde freuen. Raketen und Ausrüstung für Kampfjets im Wert von rund 1,5 Milliarden Euro kann der ostasiatische Industriestaat künftig aus den USA beziehen. Dies hat das US-Außenministerium laut einer Mitteilung vom Mittwoch genehmigt, damit sich das taiwanische Militär modernisieren könne. Das dient auch US-amerikanische Interessen - ein möglicher bewaffneter Konflikt mit China ist nicht mehr auszuschließen. Taiwan kann die USA also jetzt zu einem besseren Freund zählen, gut drei Jahrzehnte, nachdem Washington 1979 die diplomatischen Beziehungen nach Taipeh abbrach.
Dem vorausgegangen war jüngst eine deutliche Äußerung aus Washington. Taiwan müsse sich dringend gegen eine Invasion aus China rüsten. Denn angesichts der Aufrüstung, die sich in Festlandchina vollzieht, sei ein von Peking gesteuertes Militär in zehn bis 15 Jahren in der Lage, Taiwan einzunehmen. Gegen dieses Risiko gelte es sich abzusichern. Kurz darauf folgte dann der Beschluss über den möglichen neuen Rüstungsdeal.
Auf den ersten Blick ist diese Genehmigung für Taiwan großes Glück. Diplomatisch ist das Land isoliert, nur 15 Staaten der Welt halten formale diplomatische Beziehungen zu Taiwan. Auch Deutschland hat mit einer »Vertretung« in Taipeh keine offizielle Botschaft dort. Als Ende der 1940er Jahren die Kommunisten in China den Bürgerkrieg gewannen, flohen die Nationalisten nach Taiwan. Das seither von der Kommunistischen Partei regierte Peking erkennt die Insel Taiwan nicht als eigenständig an, sondern betrachtet sie als abtrünnige Provinz.
So verlor Taiwan 1972 auch seinen Platz in den Vereinten Nationen, nachdem dafür gestimmt worden war, dass dieser Platz an die Volksrepublik China gehen solle. Auch wenn sich Taiwan im Gegensatz zu China über die vergangenen Jahrzehnte liberalisiert und zu einer festen Demokratie entwickelt hat, ist das Land international immer weiter an den Rand gedrängt worden. Die Einflussnahme aus Peking auf die Diplomatie anderer Länder hängt hiermit direkt zusammen. Wer allzu sehr mit Taiwan liebäugelt, erhält meist Kritik aus China: Man habe sich nicht in innerchinesische Angelegenheiten einzumischen. Ein Streit dieser Art kochte zuletzt im August und September wieder auf, als sich hohe Offizielle der US-Gesundheits- und Außenministerien mit Vertretern Taiwans trafen und bei dieser Gelegenheit auch die Möglichkeit engerer militärischer Zusammenarbeit besprachen. Noch im September überflogen chinesische Jets dann die Medianlinie, die inoffiziell den taiwanischen vom chinesischen Luftraum trennt. Eine derartige Überschreitung hatte es sei 1999 nicht gegeben. Zugleich kam aus Peking die Drohung, die USA und Taiwan spielten mit dem Feuer. Taiwans anti-chinesische Präsidentin Tsai Ing-wen bereitet sich seither umso deutlicher auf eine Invasion durch China vor.
Längst ist Taiwan - ähnlich wie das seit Juli durch ein in Peking erlassenes Sicherheitsgesetz stärker an China gebundene Hongkong - zum Schauplatz eines geopolitischen Konflikts geworden, einer Art neuem Kalten Krieg. Neben wirtschaftspolitischen Machtfragen geht es dabei um territoriale und ideologische Differenzen. Einerseits beansprucht China große Teile des Pazifikraums für sich, wo große Rohstoffvorkommen vorhanden sind. Die USA stellen sich gegen diese territorialen Ansprüche, zuletzt wurden vermehrt US-Kampfschiffe in der Region gesehen.
Im Konflikt zwischen China und USA geht es andererseits auch um die Frage der Regierungsform. Chinesische Offizielle machen aus ihrer Missachtung gegenüber der Demokratie keinen Hehl, bezeichnen sie als im Gegensatz zum Ein-Parteiensystem ineffektive Form der Politik. Auch deshalb stehen das demokratische Taiwan und das auf Demokratie pochende Hongkong im Zentrum der Aufmerksamkeit Chinas. Die Drohung einer Invasion ist dort permanent. So ist die militärische Unterstützung Taiwans durch die USA einerseits eine tatsächliche Hilfe für die Insel. Andererseits dürfte sie Öl ins Feuer gießen und schwelenden Konflikt nur weiter anheizen.
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