Alle zusammen gegen Magufuli

Die Opposition in Tansania schließt Bündnisse, um dem Präsidenten die Wiederwahl zu erschweren

  • Katrin Voss
  • Lesedauer: 5 Min.

Er ist der chancenreichste Kandidat der Opposition im halbautonomen Sansibar: Seif Sharif Hamad, Kandidat der linken ACT Wazalendo für die zu Tansania gehörende Inselgruppe. Dort begannen die Wahlen für Sicherheitskräfte und Angehörige der Wahlkommission im Gegensatz zum Festland bereits am Dienstag. In der ehemaligen deutschen Kolonie Tansania mit ihren rund 58 Millionen Einwohnern finden sie am Mittwoch statt.

Seif Sharif Hamad sei auf Unguja, der größten Insel des Archipels, festgenommen worden, als er seine Stimme abgeben wollte, sagte am Dienstag Salim Bimani, ein Sprecher der Oppositionspartei ACT Wazalendo. Auf der Insel Pemba, die zur Region Sansibar gehört, seien kurz vor den Wahlen mindestens fünf Menschen von Sicherheitskräften getötet worden, einige in ihren Häusern. Die Proteste gegen die Regierungspartei CCM wurden von polizeilichen Einsatzkräften gewaltvoll niedergeschlagen, neben den Toten gab es auch Hunderte Verletzte und laut Polzei 42 Verhaftete.

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Hamads Chancen bei der Wahl zum Präsidenten der halbautonomen Inselgruppe Sansibar stiegen mit der Entscheidung des aussichtsreichsten Oppositionskandidaten in Tansania, Tindu Lissu von der Partei Chadema, in Sansibar für die Wahl von Hamad statt des Chadema-Kandidaten aufzurufen. Zuvor hatte die ACT Wazalendo zur Wahl von Lissu auf dem Festland in Tansania aufgerufen.

»Zu oft haben in unserer Region und auf unserem Kontinent kleinliche Eigeninteressen das, was für die Menschen am besten ist, übertrumpft«, erklärt Zitto Kabwe, Vorsitzender der linken ACT Wazalendo gegenüber »nd«. Damit begründete Kabwe die Unterstützung für Lissu. Kurz darauf ließ Lissu in Gegenzug verlauten, dass sich seine Partei hinter den ACT Kandidaten auf Sansibar, Seif Sharif Hamad stellt und dessen Kandidatur gegen den dortigen Kandidaten der Regierungspartei CCM, Hussein Ali Mwinyi, den Sohn des ehemaligen tansanischen Präsidenten Ali Hassan Mwinyi, unterstützt.

Durch diese Absprachen und Allianzen sind die Chancen der Opposition erheblich gestiegen, eine zweite Amtszeit des amtierenden Präsidenten John Magufuli von der CCM zu verhindern. Dieses Ziel ist der Kitt, der die Opposition über ideologische Differenzen hinweg zusammenhält. Kabwe betonte daher, diese Unterstützung gelte nur für die Präsidentschaftswahl. Für lokale Posten und Parlamentssitze treten die ACT-Kandidat*innen in Konkurrenz zu Chadema. Ferner ließ er verlauten: »Machen Sie keinen Denkfehler, ich werde Präsident Lissu im Parlament zur Rechenschaft ziehen. Ich werde ihn unterstützen, wenn er sich gut macht. Aber ich werde nicht zögern, ihn zur Rechenschaft zu ziehen, wenn er Unrecht tut.«

Die Befürchtungen der Opposition, dass sich Magufuli nicht einfach aus dem Amt drängen lässt, sind groß. Neue Gesetze und Verordnungen führten in den vergangenen Jahren zu Einschränkungen der Presse- und Meinungsfreiheit sowie der allgemeinen politischen Handlungsspielräume. Laut Amnesty International wurden in den vergangenen Monaten mehrere Medienhäuser geschlossen. Im Wahlkampf zeigte sich der autokratische Stil Magufulis wie unter einem Brennglas. Treffen der Opposition im Wahlkampf wurden verboten. Die versuchte immer wieder kreativ dagegen anzugehen. Als Lissu beispielsweise für sieben Tage vom Wahlkampf ausgeschlossen wurde, nutzte er die Gelegenheit für ausgiebige Einkäufe auf öffentlichen Märkten und provozierte damit Massenaufläufe. Seitdem gilt Lissu als volksnah.

Immer wieder hat die Opposition internationale Wahlbeobachter*innen gefordert. Doch Magufuli lehnt diese kategorisch ab. Mehrere Nichtregierungsorganisationen wurden nicht zur Wahlbeobachtung zugelassen. Die Möglichkeiten der internen Auszählungsbegleitung durch die Oppositionsparteien ist durch ein intransparentes Auszählungssystem nicht möglich. Die Besetzung der Wahlkommission gilt seit Jahrzehnten als umstritten. Die Mitglieder gelten als regierungsnah und somit nicht als neutral. Es gab wiederholt Vorwürfe der Beeinflussung und Fälschung, zuletzt bei der Präsidentschaftswahl 2015 des teilautonomen Sansibars.

Bei den Wahlen rücken zwar die Personen oft in den Vordergrund, jedoch stehen sie ebenso für sehr unterschiedliche Politikansätze. Magufuli gilt vielen als volksnah und hat sich mit seinem Kampf gegen Korruption und einer Steigerung des Wirtschaftswachstums bei großen Teilen der Bevölkerung beliebt gemacht. Ihm gelang es, den Staatsapparat effizienter zu gestalten. Tansania erreichte früher als erwartet den Status der Weltbank eines »Landes mit mittlerem Pro-Kopf-Einkommen«. Er selbst ging mit seiner Antikorruptionskampagne mit gutem Beispiel voran, kürzte sich das Gehalt, verzichtete auf kostspielige Auslandsreisen und unnötige Privilegien und untersagte dies auch anderen Mitgliedern des Kabinetts.

Dabei ging Magufuli an die Grenze des durch die tansanische Verfassung eingeräumten Spielraumes. Zugleich kam es während seiner Amtszeit zu einer immer stärkeren Zentralisierung der Macht. Parteiintern lässt Magufuli kaum Widerspruch zu und fordert unbedingte Loyalität. In seiner Amtszeit kam es mehrmals zu ungeklärten Entführungen und Angriffen auf Politiker*innen der Opposition. Der kritischen Anwältin Fatma Karume wurde jüngst die Lizenz entzogen.

Lissu setzt gemeinsam mit Kabwe im Wahlkampf auf die Themen Demokratie und Gerechtigkeit. Damit liegen sie eher bei der urbanen Mittelklasse des Landes. Insbesondere im Zeichen der allgemeinen pandemischen Situation machen sie sich für eine Verbesserung des Gesundheitssektors und einer allgemeinen Krankenversicherung stark. Insgesamt gilt insbesondere Lissu jedoch vielen als eine Marionette westlicher Interessen.

Wer in dem Rennen um den Wahlsieg vorn liegen wird, ist bislang aus den inoffiziellen Wahlumfragen nicht herauszulesen. Diese variieren je nach Quelle von 79 Prozent der Stimmen für Magufulis bis zu einem klaren Wahlsieg von 80 Prozent für Lissu.

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