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Grün-Schwarz verletzt Grundrechte

Offener Brief wendet sich gegen Unterbringung und Behandlung Geflüchteter in baden-württembergischer Aufnahmeeinrichtung

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 3 Min.

In Baden-Württemberg, dem einzigen Bundesland, das von einem Ministerpräsidenten mit grünem Parteibuch regiert wird, nämlich Winfried Kretschmann, sind die Bewohner*innen von Landeserstaufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete (LEA) massiven Grundrechtsverletzungen ausgesetzt. Das ist der Vorwurf der Kampagne »Grundrechte am Eingang abgeben«. Sie hat ihn in einem Offenen Brief erhoben, der von zahlreichen antirassistischen Gruppen und Einzelpersonen unterzeichnet wurde. Zu ihnen gehört auch die Künstlerin Natascha Sadr Haghighian, die im letzten Jahr den deutschen Pavillon auf der Kunstbiennale in Venedig gestaltet hat.

Zentrale Kritik des Offenen Briefes ist die von der schwarz-grünen Landesregierung in Baden-Württemberg favorisierte Massenunterbringung von Migrant*innen. »Geflüchteten, die über einen langen Zeitraum isoliert von der Allgemeinbevölkerung leben, wird soziale Teilhabe effektiv verwehrt. Das geschieht, obwohl nicht wenige von ihnen trotz vermeintlich schlechter Bleibeperspektive lange bleiben werden«, heißt es. Im Lager erschienen die Geflüchteten als gesichtslose Masse, womit die zentralisierte Unterbringung einen perfekten Nährboden für Vorurteile bildet, lautet die Kritik im Offenen Brief. Als Alternative wird eine dezentrale Unterbringung der Geflüchteten gefordert. Ihre Unterbringung in Sammelunterkünften bekommt noch eine besondere Härte in Corona-Zeiten, wo der geforderte Abstand in den engen Einrichtungen oft nicht möglich ist.

Die Berliner Juristinnen Anne-Marlen Engler und Anja Lederer kommen in einem Gutachten der Kampagne »Grundrechte am Eingang abgeben« zu dem Ergebnis, dass die Hausordnung in den Landesaufnahmeeinrichtungen grundrechtswidrig ist, weil sie das Hausrecht ausschließlich der zuständigen Behörde zuschreibt. »Ohne gesetzliche Grundlage werden hoheitliche Befugnisse an private (Security-)Firmen erteilt, die scheinbar nach Gutdünken Hausverbote erteilen können«, monieren die Juristinnen.

Neben diesen prinzipiellen Einwänden bewerten sie auch viele konkrete Paragrafen der Hausordnung als rechtswidrig. So stelle das Verbot jeglicher politischer Tätigkeiten auf dem Gelände eine Missachtung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung dar. Zudem kämen die strengen Besuchsregulierungen wie auch die regelmäßigen Zimmerkontrollen einem unverhältnismäßigen Eingriff in das Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung gleich.

Die Kampagne »Grundrechte am Eingang abgeben« sieht das ähnlich und fordert die Landesregierung von Baden-Württemberg auf, die Hausordnung der LEAS grundgesetzkonform zu gestalten. Die Schutzansprüche der Bewohner*innen müssten im Mittelpunkt stehen. Dazu gehören nach Auffassung der Autoren wie der Unterzeichner des Offenen Briefes abschließbare Zimmer für alle. Zudem müsse Besuch durch Außenstehende erlaubt sein und den Bewohner*innen müsse es ermöglicht werden, sich auch in den Einrichtungen, beispielsweise durch das Verteilen von Flyern, politisch zu betätigen.

Die Pressestelle des von der CDU geführten Ministeriums für Inneres und Migration in Baden-Württemberg erteilte diesen Forderungen gleichwohl eine klare Absage. »Die Hausordnung der LEA Freiburg verstößt nicht gegen Grundrechte. Bei der Einrichtung handelte es sich nicht um eine allgemein zugängliche öffentliche Einrichtung. Deshalb erhalten nur berechtigte Personen Zugang zum Einrichtungsgelände«, erklärte Carsten Dehner von der Pressestelle gegenüber dieser Zeitung. Das Verbot der politischen Betätigung in den LEAS diene dem Schutz der Bewohner*innnen, um Konflikte zwischen unterschiedlichen Gruppen zu vermeiden, so Dehner.

Für Felix Beuter, der für die »Grüne Alternative«, einer Linksabspaltung der Grünen, im Freiburger Stadtrat sitzt, deckt sich das Rechtsgutachten mit zahlreichen Berichten von Bewohner*innen der Erstaufnahmeeinrichtung. Der grün-schwarzen Landesregierung attestiert er »seit ihrem Bestehen eine katastrophale Geflüchtetenpolitik«. »Die Ausweitung der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, die konsequente Durchsetzung von Abschiebungen auch gegen großen zivilgesellschaftlichen Widerstand oder die Blockade kommunaler Initiativen für humanitäre Aufnahmeprogramme auf Landesebene«, nennt Beuter als Beispiele der spezifisch baden-württembergischen repressiven Flüchtlingspolitik.

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