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Trump schürt weiter den Hass
US-Präsident ruft sich zum Wahlsieger aus und verbreitet Verschwörungstheorien
Nach der Präsidentschaftswahl in den USA zeichnete sich ein enges Rennen zwischen US-Präsident Donald Trump und Herausforderer Joe Biden ab. Es wurde auch deutlich, dass der Amtsinhaber eine mögliche Niederlage nicht akzeptieren will.
Die USA gelten als eine der ältesten Demokratien der Frühen Neuzeit. Die erste Präsidentschaftswahl in den Vereinigten Staaten fand bereits im Jahr 1789 statt. Doch was sich nun nach der Präsidentschaftswahl am Dienstag abspielt, widerspricht allen demokratischen Spielregeln und zeigt die düsteren Seiten des Staates. Amtsinhaber Donald Trump reklamierte am Mittwoch den Sieg für sich, obwohl längst nicht alle Stimmen ausgezählt waren. Der Kandidat der Republikaner tönte vor seinen Anhängern in der Hauptstadt Washington, von denen nur wenige eine Corona-Schutzmaske trugen: »Wir haben diese Wahl gewonnen.« Trump kündigte an, vor den Supreme Court ziehen zu wollen. »Wir wollen, dass alles Wählen endet.« Damit bezog er sich offenbar auf die Auszählung der Briefwahlstimmen. Trump hatte schon vorher Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Wahlmöglichkeit geäußert. Er behauptet, dass es bei der Briefwahl zu Fälschungen kommen würde.
Die Demokraten widersprachen Trump. Der linke Senator Bernie Sanders schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter: »Diese Wahl wird nicht vorbei sein, wenn Trump das sagt. Das wird erst der Fall sein, wenn alle Stimmen ausgezählt worden sind. Das ist Demokratie - ob das Trump gefällt oder nicht.« Die Demokraten dürften unter den Briefwählern laut Umfragen mehr Unterstützer haben als die Republikaner.
Einige Experten waren auf der Basis von Umfragen davon ausgegangen, dass dem demokratischen Herausforderer Joe Biden ein Erdrutschsieg gelingen könnte. Doch es zeichnete sich ein enges Rennen ab, in dem Biden zwischenzeitlich vorne lag. Doch der Sieg war ihm am Mittwoch nicht sicher. Das liegt auch an dem US-amerikanischen Wahlsystem. Der US-Präsident wird nicht direkt von den Bürgern gewählt, sondern von Wahlleuten. Deren Stimmen fallen fast überall komplett dem Sieger in dem Bundesstaat zu, der diese Wahlleute entsendet - egal, wie knapp das Ergebnis dort ausgefallen ist. Für den Einzug ins Weiße Haus sind 270 Stimmen nötig. 2016 hatte Trump zwar landesweit weniger Wählerstimmen als die demokratische Kandidatin Hillary Clinton geholt, aber mehr Wahlleute für sich gewonnen.
Nun werden die Sorgen größer, dass es nach der Wahl zu Gewalt kommen könnte. Bereits in seiner vierjährigen Amtszeit hatte Trump seine Anhänger, darunter insbesondere radikale Rechte, angestachelt. Er hatte sich etwa aggressiv über die Bewegung Black Lives Matter geäußert, welche immer wieder Rassismus und Polizeigewalt in den USA anprangert.
Die US-Bundespolizei FBI hatte im Vorfeld der Wahl vor bewaffneten Zusammenstößen »zwischen linken und rechten Aktivisten« gewarnt. Selbst ernannte rechtsradikale Bürgerwehren wie die »Proud Boys« waren in der Nacht zum Mittwoch jedoch nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP nicht zu sehen. Trump hatte die »Proud Boys« dazu aufgefordert, sich bereitzuhalten. Die Gruppierung ist unter anderem wegen der harten Einwanderungspolitik begeistert von Trump.
Gemeinsam haben sie mit dem Präsidenten und vielen weiteren Rechten in den USA auch die Verharmlosung der Corona-Pamdemie. Dabei verzeichneten die USA am Wahltag mit mehr als 91 000 Corona-Neuinfektionen den bislang zweithöchsten Tageswert seit Beginn der Pandemie. Das ging aus Daten der Universität Johns Hopkins in Baltimore vom Mittwoch hervor. In den USA sind bislang mehr als 232 000 Menschen nach einer Infektion mit dem Coronavirus gestorben. Auch Trump selbst hatte sich infiziert, die Krankheit aber überstanden. Er rief die US-Amerikaner nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus auf, keine Angst vor dem Virus zu haben. Trump hatte im Wahlkampf wiederholt gesagt, die USA seien in der Krise bald über dem Berg - wofür es allerdings keine Anzeichen gibt. Biden hatte ihm vorgeworfen, beim Schutz der Bevölkerung versagt zu haben.
Das unternehmernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) prognostizierte einen wochenlangen Streit um das Wahlergebnis. Eine länger andauernde Unsicherheit oder Auseinandersetzungen über die Legitimität der Wahl würde ein Führungsvakuum in den Vereinigten Staaten schaffen, das für die US- und die Weltwirtschaft kritische Folgen hätte, erklärte das IW am Mittwoch. Die Weltwirtschaft sei durch die Corona-Pandemie bereits schwer angeschlagen. »Vom wirtschaftlichen Zentrum USA und dessen Führungskraft muss Stabilität ausgehen, nicht weitere Unsicherheit. Eine schnelle Klärung der Wahlergebnisse ist wichtig - nicht nur für die USA«, hieß es vom IW. Ähnlich äußerten sich auch linke Institute. Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung warnte, die Hängepartie sei »Gift für die konjunkturelle Erholung der US-Wirtschaft nach der Coronakrise«.
Zum Beginn der Pandemie im Frühjahr wurden in den USA das öffentliche Leben und mehrere Branchen lahmgelegt. Das Land rutschte in eine Rezession. Zwar gibt es mittlerweile Anzeichen dafür, dass sich die Wirtschaft etwas erholt, aber Analysten von Oxford Economics gehen davon aus, dass das Wachstum nach jetzigem Stand erst Ende 2021 auf das Niveau vor der Pandemie kommen werde. Während der Krise wurden 22 Millionen Jobs abgebaut oder gingen verloren. Zuletzt ging die Arbeitslosenquote leicht zurück.
Wer auch immer der künftige Präsident der Vereinigten Staaten sein sollte - er muss sich mit dieser multiplen Krise auseinandersetzen. Obwohl sich unter Trump nahezu alle gesamtgesellschaftlichen Probleme verschärft haben, zeigt die Wahl, dass er noch immer zahlreiche Unterstützer im gesamten Land hat.
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