- Brandenburg
- Corona
Das Virus kennt keine Grenzen, die Solidarität auch nicht
Einwohner von Frankfurt (Oder) spenden der Covid-19-Klinik in der polnischen Nachbarstadt Słubice dringend benötigte Dinge
Das Krankenhaus in der polnischen Grenzstadt Słubice ist vor ein paar Wochen kurzfristig zum reinen Covid-19-Hospital umgewandelt worden. Patienten mit anderen Beschwerden wurden verlegt. Für das kleine Krankenhaus mit nur 115 Betten war die schnelle Umstellung eine große Herausforderung. Polen kam in der ersten Welle der Pandemie im Frühjahr ziemlich glimpflich davon, ist aber jetzt schwer getroffen. Es tauchten nun die Schwierigkeiten auf, die Deutschland im März und April hatte. Es fehlte erst einmal an Masken, an Desinfektionsmitteln, auch an Klopapier - und in der Słubicer Klinik zusätzlich beispielsweise an großen Müllsäcken.
Doch ein Aufruf an die Bevölkerung, die benötigten Dinge zu spenden, schaffte bereits einigermaßen Abhilfe. So ist inzwischen ein Vorrat an Desinfektionsmitteln vorhanden, wie Geschäftsführer Łukasz Kaczmarek berichten konnte. Bereitwillig geholfen haben nicht allein Einwohner von Słubice, sondern auch etliche Bürger der deutschen Nachbarstadt Frankfurt (Oder).
Michael Kurzwelly vom deutsch-polnischen Verein Słubfurt koordiniert die grenzüberschreitende Solidarität. In einer alten Turnhalle am Brückenplatz von Frankfurt (Oder) nimmt er mittwochs und samstags zwischen 15 und 18 Uhr Spenden aus Frankfurt (Oder) und Umgebung entgegen und organisiert den Transport an den Bestimmungsort. »Wir waren beeindruckt«, freut sich Kurzwelly über die große Spendenbereitschaft. Noch immer werde einiges benötigt, erklärt er gegenüber »nd«. Etwa Windeln in den Größen L und XL, Feuchttücher, Papiertaschentücher und Papierhandtücher, weiterhin große Müllsäcke, außerdem Wasser in kleinen Flaschen sowie Nachthemden und Unterwäsche. Die Wäsche wird gebraucht, weil viele Patienten mit hohem Fieber eingeliefert werden, die ihre Kleidung schnell durchschwitzen. Die Angehörigen befinden sich jedoch oftmals in Quarantäne und dürfen deshalb nicht zum Krankenhaus kommen, um frische Wäsche zu bringen.
Listen mit den Dingen, die aktuell vonnöten sind, bekommt Kurzwelly vom Krankenhaus übermittelt und veröffentlicht sie im Internet. Es handelt sich um Dinge, die jedermann auftreiben kann. Schutzanzüge gehören nicht dazu. Die besorgte Kurzwelly von der Stadt Frankfurt (Oder), wie er sagt.
Den ersten Anstoß zu der Hilfsaktion gaben laut Kurzwelly die Grünen. Auch die Linke hat gesammelt und übergab am Mittwochnachmittag am Brückenplatz eine Sachspende im Wert von 800 Euro, wie der Kreisvorsitzende Stefan Kunath mitteilt. Seine Genossen aus dem benachbarten Landkreis Oder-Spree haben mitgemacht. So steuerte ein Apotheker 30 Liter Desinfektionsmittel bei. Auch Wäsche und Windeln sind in der Sachspende enthalten. »Wenn ein befreundeter Nachbar in Not ist und du helfen kannst, dann tust du es«, begründet Kunath das Engagement. Der 31-Jährige ist für die Bundestagswahl 2021 nominiert und möchte die Situation auch politisch einschätzen. »Wir in der Grenzregion spüren besonders stark die mangelhafte Abstimmung zwischen Deutschland und Polen in der Corona-Pandemie«, bedauert er. »Bisher scheitert eine grenzüberschreitende Gesundheitsversorgung am bürokratischen Klein-Klein. Das fällt uns jetzt auf die Füße.«
Es gab zuvor Zeitungsberichte darüber, dass keine Einigung über den Rettungsdienst erzielt werden konnte. Sinnvoll wäre es, Patienten immer in das nächstgelegene Krankenhaus zu bringen, egal, ob sich die Klinik nun auf deutscher oder polnischer Seite der Oder befindet. Corona-Patienten aus Słubice auch im Klinikum in Frankfurt (Oder) zu behandeln, scheitert offenbar daran, dass die polnische Krankenkasse NFZ, das ist der Nationale Gesundheitsfonds, die höheren deutschen Rechnungen nicht so einfach bezahlen könnte.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.