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Geschichtsklitterung im Landtag
Die AfD will die Debatte zum Mauerfall für Anti-Corona-Polemik kapern - und blitzt bei den anderen Abgeordneten ab
»Ich dachte, das wird hier eine würdevolle Befassung, aber es ist nur ein parteipolitischer Schlagabtausch, der mit dem Gedenken an den 9. November wenig zu tun hat«, erklärte Pèter Vida, Fraktionschef der Freien Wähler, am Donnerstag in der Aktuellen Stunde des Landtags. Das war noch bevor die Debatte zu diesem Tagesordnungspunkt in einen hemmungslosen Schlagabtausch mündete. Thema war auf Antrag der AfD »31 Jahre Mauerfall - 30 Jahre Einigkeit und Recht und Freiheit?«. Doch die AfD attackierte bei dieser Gelegenheit vor allem die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie.
Am Ende schlug der AfD-Abgeordnete Daniel Hohloch verbal nur noch um sich. Der 31-jährige Lehrer warf Linksfraktionschef Sebastian Walter vor: »Wenn Sie an der Macht wären, dann wären Sie die Ersten, die auf politische Gegner schießen lassen würden.« Co-Linksfraktionschefin Kathrin Dannenberg, von Beruf selbst Lehrerin, legte Hohloch nahe, mit seinen Ansichten besser nicht an einer Schule zu unterrichten. Die rote Fahne bezeichnete Hohloch als »Fahne von Massenmördern wie Pol Pot und Lenin«. Daraufhin stellte die Abgeordnete Andrea Johlige (Linke) klar, dass es die Fahne der Befreiung der Arbeiter sei, der Frauenrechte und des Antifaschismus. »Wie nötig der ist, haben wir heute hier gesehen«, erklärte sie.
AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt nannte Innenminister Michael Stübgen (CDU) einen Pfarrer, der »falsch Zeugnis ablegt«, und SPD-Fraktionschef Erik Stohn einen »Apparatschik der Alternativlosigkeit«. Ein linker Geist dominiere das Land, behauptete Berndt. Das erinnere an die SED in Vorwendezeiten. Den übrigen Parteien warf er vor, die AfD »auszugrenzen«.
Parlamentspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) stellte daraufhin klar, dass davon keine Rede sein könne. Sei diese Partei doch »in allen Ausschüssen vertreten« und stelle einen Vizepräsidenten des Landtags.
Die AfD versuche »wieder einmal, das Erbe der friedlichen Revolution für ihre parteipolitischen Zwecke zu missbrauchen«, stellte Staatskanzleichefin Kathrin Schneider (SPD) fest. Es gehe ihr darum, das Handeln der Regierung in der Notlage der Coronakrise zu diskreditieren. Das sei »gefährlicher Unfug«, warnte Schneider.
Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke sagte, wer die Geschehnisse von 1989 in der DDR »und die heutigen Demonstrationen gleichsetzt, suggeriert, dass beide Systeme ähnlich seien«. Was die AfD da auftische, sei Geschichtsklitterung.
Die AfD instrumentalisiere den Tag des Mauerfalls und stilisiere sich zum Opfer der aktuellen Corona-Verordnungen, sagte auch SPD-Fraktionschef Stohn. Nach deren menschenverachtender Logik müssten erst »noch mehr Menschen sterben, damit die Maßnahmen gerechtfertigt sind«. Diese Partei sei »eine Gefahr für Leib und Leben« der Brandenburger, so Stohn.
Linksfraktionschef Walter sagte der AfD: »Wenn Sie nur etwas Anstand im Leib hätten, dann würden Sie die Finger vom 9. November lassen.« Es sei der völkische Geist, der den 9. November 1938, die Reichspogromnacht, möglich gemacht habe und der »in Ihren Reihen lebendig geblieben ist«. Wenn die AfD neuerdings brennende Synagogen bedauere, dann sei das wohlfeil. »Als Flüchtlingsheime brannten, war es erstaunlich still in Ihren Reihen«, erinnerte er. »Sie maßen sich an, die friedliche Revolution vollenden zu wollen. Das macht fassungslos und wütend.« Nicht das Abstandhalten zur Vermeidung einer Ansteckung mit dem Coronavirus gefährde die Demokratie in Deutschland, unterstrich Walter. Vielmehr seien es die Lohnabstände, die damit verbundene soziale Ungerechtigkeit, die ungerechte Reichtumsverteilung. »Aber das wollen Sie nicht verstehen.«
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