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Kampfsport als Waffe

Robert Claus beschreibt in dem Buch »Ihr Kampf« die Vorbereitung Rechtsextremer auf den Tag X.

  • Frank Willmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Folgt man in den sozialen Medien rechten Kampfsportgruppierungen beziehungsweise nationalistischen und gewaltfixierten Hooligans, fällt immer wieder auf, dass sie sich auf den »Tag, der kommen wird« berufen. Dieser Tag der Abrechnung mit dem von ihnen verhassten »System« ist Teil ihres tönenden Mantras, um die Truppen beisammen und bei Laune zu halten. Mehr als 10 000 Extremisten trainieren europaweit stoisch auf diesen Tag hin - und Zehntausende Sympathisanten unterstützen die Szene.

Der Soziologe Robert Claus forscht und publiziert zu den Themen rechte Kampfsportgruppen und Hooliganismus. Seit 2015 arbeitet er bei der »Kompetenzgruppe Fankulturen und Sport bezogene Soziale Arbeit«. Im Werkstatt-Verlag ist nun sein neues Buch über die rechtsextreme Kampfsportszene erschienen. Darin formuliert Claus seine aktuellen Erkenntnisse zur Professionalisierung der körperlichen Gewalt. Dazu untersuchte er unter anderem europaweit stattfindende Kampfsportevents der MMM-Szene (Mixed Martial Arts). Seine Texte klären über das stetig wachsende internationale Netzwerk martialischer Nazis auf. Diese Szene ist besten vernetzt: Die Wege zu rechten Hooligangruppen, Sicherheitsfirmen und anderen Nazinetzwerken sind kurz.

Claus hat auch selbst Kampfsportevents besucht und mit Beteiligten, Aussteigern, Polizisten, Journalisten, Opfern und Politikern gesprochen. Er hat brisantes und für ihn nicht ungefährliches Material zusammengetragen, das insbesondere die hervorragende Vernetzung der Szene widerspiegelt. Er beschreibt detailliert, wie beispielsweise der europaweit durchgeführte »Kampf der Nibelungen« über die Bühne geht - ein Event, wo sich rechtsextreme Kampfsportler und ihre Fans treffen. Dort geht es auch um viel Geld, Eintrittskarten kosten zwischen 35 und 45 Euro, dazu kommen Merchandise-Artikel. Der Kampfsport wird als Waffe benutzt: Neonazis lernen dabei, wie sie kompetent und effizient mit Gewalt umgehen können. Diese Techniken wenden sie später im Straßenkampf an, wie auch die Bilder von der letzten Querdenkerdemo Anfang November in Leipzig beweisen, als erkennbar gewaltbereite Hooligans, die in zu geringer Zahl anwesende Polizei vor sich hertrieb. Diese Leute sind sich ihrer zunehmenden Macht bewusst und nutzen offensiv jede sich bietende Gelegenheit, um sich öffentlichkeitswirksam zu zeigen.

Laut Erkenntnissen deutscher Sicherheitsbehörden sollen im Donbass ungefähr 150 deutsche Neonazis für das Regiment Asow (eins von 80 Freiwilligenbataillonen im dortigen Bürgerkrieg, das dem ukrainischen Innenministerium untersteht) gekämpft haben. Das Netz wächst und wächst, die davon ausgehende Gefahr für unsere Demokratie darf nicht unterschätzt werden.

Das Buch von Robert Claus ist Warnung und gleichermaßen Aufforderung, sich deutlich gegen die Nazistrukturen zu stellen. Das Aufkeimen rechter Netzwerke geht uns alle an, hier ist Bürgersinn und Aufmerksamkeit gefragt, um dem Nazispuk die klare Kante zu zeigen. Das darf nicht allein dem Staat und seinen Sicherheitsorganen überlassen werden. Die deutsche Polizei bewies jüngst großflächig, dass ein Teil ihrer Belegschaft mit rechtsextremen Gruppen sympathisiert und deren abscheuliche Propaganda teilt. Claus geht in seinem spannenden Buch voran, wir müssen den Staffelstab übernehmen.

Robert Claus: Ihr Kampf - Wie Europas extreme Rechte für den Umsturz trainiert. Verlag Die Werkstatt, 224 S., br., 19,90 €.

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