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Lokale Corona-Probebohrungen
Das Robert-Koch-Institut führt in Berlin einen Antikörpertest unter erschwerten Bedingungen durch
Insgesamt 2000 Menschen aus Berlin-Mitte sollen von Dienstag an im Rahmen einer Corona-Studie des Robert-Koch-Instituts (RKI) auf Antikörper untersucht werden. Es gehe dem RKI mit der Studie darum, »ein umfassendes Bild des Infektionsgeschehens« zu bekommen, sagt Osamah Hamouda am Montag bei der Präsentation der Untersuchung im Rathaus Tiergarten in Moabit. »Der Sars-Coronavirus wird so schnell nicht wieder verschwinden«, betont der Leiter der RKI-Abteilung für Infektionsepidemiologie. Umso wichtiger sei es, möglichst rasch genaue Erkenntnisse hierzu zu gewinnen.
Wie viele Menschen in Mitte sind gerade akut infiziert? Wie viele haben eine Infektion bereits durchgemacht? Wie viele haben Antikörper gebildet? Und vor allem: Wie hoch ist die Dunkelziffer, also die Zahl derjenigen, die infiziert waren, davon aber nichts mitbekommen haben? Das sind die Fragen, zu denen sich das Team um Studienleiterin Claudia Santos-Hövener mit der auf knapp drei Wochen angelegten Studie Antworten erhofft.
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Die Massentestung in Mitte ist ein Baustein der RKI-Studie »Corona-Monitoring lokal«, die zuvor schon in den bayerischen Gemeinden Bad Feilnbach und Straubing sowie im baden-württembergischen Kupferzell durchgeführt wurde. Sie ist, wie Hamouda ausführt, eingebettet in weitere bundesweite Untersuchungen des Instituts wie auch die Corona-Kita-Studie.
Bei allem Dank Hamoudas und Santos-Höveners an die Verantwortlichen des Bezirksamts Mitte für die »hohe Kooperationsbereitschaft« und das Ermöglichen der Untersuchung unter den gegebenen Umständen: Eine besondere Ehre ist es nicht, dass Mitte nun in den Kreis der auserwählten Gebiete aufgenommen ist, in denen das RKI die Art von Antikörper-Probebohrungen vornimmt. Mit über 350 Corona-Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner innerhalb der vergangenen sieben Tage gehört der Berliner Bezirk zu den am stärksten betroffenen Gebieten bundesweit.
»Natürlich sind wir in Mitte, weil es hier ein dynamisches Infektionsgeschehen gibt«, sagt Claudia Santos-Hövener. Weil man sich zudem »mitten im urbansten Raum« Deutschlands befinde, sei das Geschehen aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte zugleich aber auch weit diffuser als an den anderen bislang untersuchten Orten. »Es ist keine Raketenwissenschaft«, ergänzt Osamah Hamouda. »Dort, wo viele Menschen auf engem Raum zusammenkommen, ist die Gefahr am größten, sich anzustecken.«
Und noch etwas unterscheidet Mitte mit seinen über 380 000 Einwohnern von kleinen Gemeinden wie Kupferzell oder Bad Feilnbach - die Teilnahmewilligkeit der Probanden. Von den fast 8000 zufällig über das Melderegister ausgewählten und schriftlich in sechs verschiedenen Sprachen eingeladenen Erwachsenen aus Mitte haben sich bisher - Stand Montagvormittag - erst 944 Personen zu einer Teilnahme angemeldet, so Santos-Hövener. Zu wenige, um am Ende des Tages zu wirklich aussagekräftigen Ergebnissen kommen zu können. Dafür bräuchte es mindestens 2000 Teilnehmer. Dass sich die Rückmeldungen in Mitte, anders als in den bisher untersuchten Gebieten, stark in Grenzen hält, führt sie auch darauf zurück, dass es in kleineren Orten ein größeres Gemeinschaftsgefühl gebe. Auch deshalb richtet sie am Montag einen dringenden Appell an die in Mitte Angeschriebenen: »Bitte machen Sie mit!«
Die Studienleiterin ist optimistisch, dass ihr Aufruf fruchtet: »Ich glaube doch, dass wir am Ende schlauer sein werden.« Eine Auswertung der Studienergebnisse werde »zeitnah« erfolgen und Ende Januar oder Anfang Februar kommenden Jahres präsentiert.
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