- Politik
- Spanien
Sánchez laviert sich durch
Spaniens Premierminister kratzt Mehrheit für einen eigenen Haushalt zusammen
Die linksrepublikanische katalanische ERC und ihr strategischer baskischer Partner EH Bildu (Baskenland vereinen) haben sich entschieden: Es macht keinen Sinn, dem Bildungsgesetz der spanischen Minderheitsregierung zuzustimmen und danach den Haushalt der Regierungskoalition aus sozialdemokratischer PSOE und Linkspartei Unidas Podemos (UP) abzulehnen. Mit der Zustimmung der 13 ERC-Abgeordneten - die fünfköpfige Fraktion von EH Bildu enthält sich - ist die Vorentscheidung für den Haushalt 2021 gefallen. Den will die Regierung noch in diesem Jahr durch das Parlament bringen. Dafür reicht die einfache Mehrheit der 350 Sitze im spanischen Parlament. Schafft sie das nicht, wären in Spanien wiederum Neuwahlen angesagt, wie zuletzt im April und November 2019, als die Wahlen jeweils keine Regierung mit eigener Parlamentsmehrheit hervorbrachten. Nach den Wahlen im April 2019 musste Regierungschef Pedro Sánchez Neuwahlen ansetzen, da die ERC wegen des schleppenden Dialogs zum Katalonienkonflikt seinen Haushalt abgelehnt hatte.
Vor der Abstimmung über das Bildungsgesetz hatte Kultusministerin Isabel Celaá angekündigt, dass die Minderheitsregierung eine knappe absolute Mehrheit dafür zusammen hat. Das »Celaá-Gesetz« verschafft den Autonomen Regionen wie dem Baskenland und Katalonien neue Spielräume, weil es die Gleichstellung des Spanischen mit den Regionalsprachen vorsieht. Mit dem Bildungsgesetz wird ein Organgesetz aus der Zeit der rechten Vorgängerregierung der PP reformiert. Deswegen bedarf es einer absoluten Mehrheit von 176 Stimmen, die relative Mehrheit wie beim Haushalt reicht nicht. PSOE und UP kommen zusammen nur auf 155 Sitze.
Teller und Rand ist der neue ndPodcast zu internationaler Politik. Andreas Krämer und Rob Wessel servieren jeden Monat aktuelle politische Ereignisse aus der ganzen Welt und tischen dabei auf, was sich abseits der medialen Aufmerksamkeit abspielt. Links, kritisch, antikolonialistisch.
Wie beim Haushalt ist beim Bildungsgesetz die Zustimmung der ERC zentral. Für sie erklärte Montserrat Bassa zwar: »Das ist nicht unser Gesetz.« Aber als »Pädagogin« sei sie »stolz« auf das »Celaá-Gesetz«, gegen das die spanische Rechte und Ultrarechte Sturm läuft. Sie ruft zu massiven Demonstrationen auf. Denn das Gesetz macht Schluss damit, dass katholische Privatschulen gefördert werden, die Schüler nach Geschlechtern trennen. Die Religionsnote wird zudem nicht länger in die bedeutsame Durchschnittsnote einfließen.
Wichtig ist der ERC vor allem, dass Spanisch nicht länger als Verkehrssprache definiert wird. Das hatte die rechte Volkspartei 2013 im Gesetz verankert, um Katalanen »spanischer« zu machen, wie der damalige PP-Bildungsminister José Ignacio Wert erklärt hatte. Fällt dieses Gebot, heißt das aber nicht, dass in Katalonien zukünftig nur noch in katalanischer Sprache gelehrt wird, wie die Rechte behauptet. »Spanisch wird im gesamten Territorium garantiert«, erklärt die PSOE-Sprecherin Maria Luz Martínez Seijo. Denn man kehrt nur zum Zustand vor 2013 zurück. Die Immersion (zweisprachiger Schulunterricht mit katalanischer Dominanz, d. Red.) wird nicht ausgeweitet, gab die ERC angesichts von 2021 anstehenden Wahlen in Katalonien zu verstehen.
Mit dem neuen Haushalt wird kein ökologischer und sozialer Umbau eingeleitet. Dass die Regierung überhaupt einen eigenen Haushalt verabschieden kann - seit 2018 musste der alte mangels Mehrheiten fortgeschrieben werden -, ist wegen der wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise so wichtig wie nie zuvor, da mit ihm die Hilfsgelder aus dem »Wiederaufbaufonds« (Next Generation EU) verbunden sind. Ohne Hilfsmilliarden aus Brüssel droht Spanien die Pleite. Und auch der EU-Haushalt ist noch nicht durch.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.