Leipziger Ring blieb nazifrei

Gegendemonstranten verhinderten eine Wiederholung der Randale, die rechte Demonstranten vor einer Woche vom Zaun brachen

  • Max Zeising, Leipzig
  • Lesedauer: 3 Min.

Zwei Wochen nach den erschütternden Bildern einer aus dem Ruder gelaufenen »Querdenker«-Demonstration in Leipzig haben rechte Demonstranten erneut versucht, unter dem Vorwand der Kritik gegen die Corona-Schutzmaßnahmen durch die Messestadt zu ziehen. Allerdings gelang es ihnen diesmal nicht, auf den historisch bedeutsamen Innenstadtring vorzudringen, auf dem 1989 der Sieg der DDR-Opposition gegen den SED-Staat entschieden wurde. Antifaschistische Aktivisten blockierten den Zugang zum Ring, die Polizei trennte beide Lager voneinander.

Zuvor hatte eine geplante Kundgebung von Kritikern der Corona-Schutzmaßnahmen auf dem Kurt-Masur-Platz aufgrund eines Auflagenverstoßes nicht starten dürfen. Wie die Stadt Leipzig mitteilte, sei ein Attest des Anmelders unvollständig gewesen und deshalb nicht anerkannt worden. Das Attest hatte ihn vom Tragen der Mund-Nasen-Maske befreien sollen. Die Demonstranten begaben sich daraufhin zum Marktplatz, von wo aus sie - unangemeldet - in Richtung Innenstadtring zogen. Nach Antifa-Blockaden wurden sie allerdings von der Polizei eingekesselt und kamen nicht weiter. Die Polizei Sachsen twitterte, es sei auch zu Angriffen auf Einsatzkräfte gekommen.

Aus Sicht des antifaschistischen Aktionsnetzwerks »Leipzig nimmt Platz« konnten die Rechten ihren Erfolg vom 7. November nicht wiederholen. »Der Ring ist ein wichtiges Symbol. Die Rechten wollen diese Symbolik besetzen und entsprechende Bilder produzieren. Das ist ihnen diesmal nicht gelungen«, sagte die Sprecherin des Netzwerks, Irena Rudolph-Kokot, dem »nd«. Insgesamt hätten bis zu 4000 Menschen an den Demonstrationen gegen die »Corona-Kritiker« teilgenommen: »Ohne antifaschistische Intervention wäre die Sache wohl auch diesmal anders ausgegangen.«

Der Demo-Tag in Leipzig hatte zunächst entspannt begonnen. Mehr als 1000 Menschen waren einem Aufruf von »Leipzig nimmt Platz« gefolgt und hatten sich auf dem Augustusplatz versammelt, um für Demokratie, Rechtsstaat und Solidarität zu demonstrieren. Die Stimmung war friedlich, die Demonstranten trugen Mund-Nasen-Schutz und achteten auf Abstände. Zugleich sammelten sich mehrere Hundert Menschen auf dem Kurt-Masur-Platz, nur wenige Meter vom Augustusplatz entfernt, darunter angereiste gewaltbereite Hooligans und Neonazis.

Nach der Absage der Kundgebung auf dem Kurt-Masur-Platz wurde die Lage zunehmend unübersichtlich, es kam zu Konfrontationen. Die Polizei kesselte die Rechten ein und ließ sie Stunden später in Kleingruppen abziehen. »Man hat einen Strategiewechsel der Polizei beobachten können. Es gab Kontrollen von Masken und Attesten. Nach der Auflösung der rechten Kundgebung gab es aber kein schlüssiges Konzept mehr«, urteilte Irena Rudolph-Kokot.

Angesichts des dynamischen Demonstrationsgeschehens wandte sich Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) noch am Nachmittag an die Leipziger Bevölkerung und appellierte, friedlich zu bleiben. Die Absage der geplanten Kundgebung wertete der Sozialdemokrat zugleich als Erfolg der Gegendemonstranten: »Man kann mit Recht stolz sein, dass mehr als 1000 Menschen friedlich, mit Abstand und Atemschutz demonstriert haben.«

Die Polizei verzeichnete nach bisherigem Stand zwei Festnahmen sowie insgesamt 18 Straftaten, darunter zehn Körperverletzungsdelikte sowie drei Landfriedensbrüche. Wegen des Angriffes auf einen Journalisten sei von Amts wegen eine Anzeige gegen Unbekannt erfolgt. Es seien 113 Ordnungswidrigkeitsanzeigen wegen Verstoßes gegen die Corona-Schutzverordnung gefertigt und 44 Platzverweise verhängt worden.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -