Trump macht Weg frei für Übergabe der Amtsgeschäfte an Biden

Amtsinhaber lehnt Eingeständnis seiner Wahlniederlage aber weiterhin ab / Nachfolger stellt sein Team zusammen

  • Lesedauer: 4 Min.

Washington. Drei Wochen nach der US-Präsidentschaftswahl hat Amtsinhaber Donald Trump die Übergabe der Regierungsgeschäfte an Wahlsieger Joe Biden auf den Weg gebracht. Obwohl dieser Schritt einem Eingeständnis seiner Wahlniederlage nahekommt, betonte Trump am Montag, dass er seinen Kampf um das Weiße Haus fortsetzen werde. Biden vergab derweil eine Reihe von Schlüsselposten in seinem künftigen Kabinett. Als Außenminister ist der Diplomat Antony Blinken vorgesehen, der frühere Chefdiplomat John Kerry soll Bidens Klima-Beauftragter werden.

Die Leiterin der zuständigen US-Bundesverwaltungsbehörde GSA, Emily Murphy, solle »tun, was getan werden muss«, um Bidens Übergangsteam zu unterstützen, schrieb Trump am Montag (Ortszeit) im Kurzbotschaftendienst Twitter. Auch sein Team habe er zur Kooperation aufgerufen. Trump gab damit seine wochenlange Blockade der Amtsübergabe an Biden auf.

Behördenleiterin Murphy hatte sich bislang geweigert, Bidens Team zur Vorbereitung der Regierungsübernahme den Zugang zu Behördengebäuden, Finanzmitteln und Mitarbeitern zu gewähren.

Biden reagierte erleichtert auf das Ende der Blockade. Die nun gewährte Unterstützung der Regierungsbehörden ermögliche eine »reibungslose und friedliche Machtübergabe«, erklärte Bidens Team. Der 78-Jährige soll am 20. Januar als neuer Präsident der USA vereidigt werden. Murphy habe Biden und seine Vize-Präsidentin Kamala Harris als »offensichtliche Sieger der Wahl« bestätigt, erklärte das Team des Demokratien.

»Die heutige Entscheidung ist ein notwendiger Schritt, um die Herausforderungen für unsere Nation anzugehen«, erklärte Bidens Team. In den kommenden Tagen seien Treffen mit Vertretern der Bundesbehörden geplant, um eine Antwort auf die Corona-Pandemie zu diskutieren, die Lage der nationalen Sicherheit zu bewerten und die Bestrebungen der Trump-Regierung nachzuvollziehen, »Regierungsbehörden auszuhöhlen«.

Trump spricht seit seiner Niederlage bei der Präsidentschaftswahl vom 3. November von angeblichem massivem Wahlbetrug, ohne hierfür Beweise vorzulegen. Seine Versuche, die Wahlergebnisse in mehreren Bundesstaaten juristisch anzufechten und politischen Druck aufzubauen, liefen bislang ins Leere. Trump bekräftigte am Montag dennoch, dass er den »guten Kampf« fortsetzen werde und weiter daran glaube, dass »wir uns durchsetzen werden«.

Das Virus und die Weltmacht
Die Coronakrise macht den USA wirtschaftlich schwer zu schaffen und belastet damit zusätzlich das Verhältnis zu den Verbündeten

Zuvor hatte der scheidende Präsident allerdings einen weiteren Rückschlag erlitten. Nach Tagen der Unruhe zertifizierte ein Wahlgremium in Michigan am Montag Bidens Sieg in dem Bundesstaat im Mittleren Westen. Der Demokrat gewann Michigan mit einem deutlichen Vorsprung von fast 156.000 Stimmen vor Trump. Biden hatte bei der Wahl am 3. November insgesamt 306 der landesweit 538 Wahlleute gewonnen. Für einen Sieg brauchte der 78-Jährige mindestens 270 Wahlleute.

Trumps Rückhalt innerhalb der Republikanischen Partei scheint allmählich zu bröckeln. Biden sei »offensichtlich der gewählte Präsident«, sagte der Senator Lamar Alexander, ein Vertrauter des republikanischen Senats-Mehrheitsführer Mitch McConnell. Er rief Trump auf, eine »geordnete Übergabe« der Regierungsgeschäfte an Biden sicherzustellen.

Der neugewählte Präsident setzt bei seiner Regierungsmannschaft auf Vertraute und Mitarbeiter aus seiner Zeit als Vizepräsident von Barack Obama. Zu ihnen zählt auch der erfahrene Diplomat Blinken, der den Posten des Außenministers übernehmen soll.

Bidens Übergangsteam gab am Montag zudem bekannt, dass mit dem aus Kuba stammenden Alejandro Mayorkas künftig erstmals ein Hispano das Heimatschutzministerium leiten soll, das unter anderem für Einwanderung zuständig ist. Die frühere Vizechefin des Auslandsgeheimdienstes CIA, Avril Haines, soll als erste Frau der US-Geschichte Geheimdienstdirektorin werden. Der 43-jährige Jake Sullivan soll Bidens Nationaler Sicherheitsberater werden soll. Sullivan war bereits Bidens Sicherheitsberater in dessen Zeit als Vizepräsident. Die afroamerikanische Diplomatin Linda Thomas-Greenfield soll nach Angaben von Bidens Übergangsteam Botschafterin ihres Landes bei den Vereinten Nationen werden.

Eine Überraschung ist die Ernennung des früheren Chefdiplomaten Kerry zum Klima-Sondergesandten. Der 76-Jährige, der zwischen 2013 und 2017 unter Präsident Obama US-Außenminister war, wird in dieser Funktion dem Nationalen Sicherheitsrat angehören.

Die frühere US-Notenbankchefin Janet Yellen will Biden offenbar zur Finanzministerin machen. Informierte Kreise bestätigten der Nachrichtenagentur AFP entsprechende Medienberichte. Die 74-Jährige würde damit die erste Frau an der Spitze des mächtigen US-Finanzministeriums. Sie muss aber noch - wie alle Minister - vom Senat bestätigt werden. AFP/nd

App »nd.Digital«

In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!