Warten auf das große Ziel
In der EM-Qualifikation bekommen Deutschlands Basketballtalente eine Chance
Die Coronakrise hat Bundestrainer Henrik Rödl einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht. Das große Ziel Olympiaqualifikation? Ausgefallen. Die Reise zu den NBA-Profis? Vorzeitig abgebrochen. Länderspiele? Fehlanzeige. Lange musste sich der 51-Jährige gedulden, ehe er seine Basketballer wieder zusammenbringen konnte. Und weil Gelegenheiten rar sind, wird die sportlich zu vernachlässigende EM-Qualifikation im französischen Pau auch zum vorgezogenen Olympiacasting.
»Wir haben viele junge Leute dabei«, sagt Rödl. »Das ist immer eine gute Maßnahme, um zu sehen, wer nachkommt und wer vielleicht auch eine Chance auf den Endkader im Sommer haben kann.« Natürlich sind die Stars aus Übersee um Spielmacher Dennis Schröder aus Termingründen ebenso nicht gekommen wie die Profis von Alba Berlin und Bayern München, die in der Euroleague spielen. Rödl will vor allem die Talente sehen. Am Freitag gegen Montenegro und am Sonntag gegen Gastgeber Frankreich haben die die Chance, sich zu beweisen. Die Frage ist, wer von ihnen wirklich für die Kaderplätze beim auf 2021 verschobenen Olympia-Qualifikationsturnier im Juni in Split in Frage kommen könnte.
Viele junge Spieler brennen darauf. Kenneth Ogbe aus Bamberg, der Frankfurter Len Schoormann und Lukas Meisner aus Braunschweig stehen vor ihrem Debüt. Der Hunger der Jungen beeindruckte Rödl bereits bei der Anreise am Sonntag und Montag. So richtig Druck hat die Mannschaft aber nicht, weil sie als einer der Ausrichter der EM 2022 das Ticket automatisch in der Tasche hat. Im kommenden Februar steigen die letzten Partien, für die sich Deutschland mit dem Austragungsort Hamburg beworben hat.
In Pau bleibt dieser Tage wohl das Virus der hartnäckigste Gegner, der die Nationalmannschaft in eine Blase zwingt. »Wir sind im Hotel, dann Training, Spiel und wieder ins Hotel - fertig«, berichtet Rödl. Getestet wurde vor der Ankunft zweimal, vor den Spielen und der Rückreise folgen weitere Testrunden. Bedenken im Bezug auf das Länderspielfenster in Zeiten der zweiten Welle habe es bei Vereinen gegeben, sie wurden aber ausgeräumt. »Da haben der DBB, der Weltverband und die BBL viel kommuniziert, um das überhaupt möglich zu machen«, so der Coach.
Rödl hatte das Jahr ganz anders geplant. Ehe Deutschland einen Monat später in den Lockdown ging, rief er das Team für den Auftakt der EM-Qualifikation im Februar zusammen. Dort verlor man überraschend gegen Underdog Großbritannien, besiegte aber vorher die Franzosen. Im März musste Rödl vorzeitig aus Amerika zurückkehren, wo er eigentlich die Bereitschaft der NBA-Profis zur Teilnahme an der Olympiaqualifikation ausloten wollte. Und dann fiel auch irgendwann Olympia selbst Corona zum Opfer. Der Bundestrainer arbeitete aber weiter. »Wir haben in der Zeit, als die Coronafälle sehr gering waren, in Deutschland mit den U-Mannschaften trainiert«, so Rödl: »Und ich habe vor dem Lockdown, als es noch ging, einige Touren gemacht, um Spieler zu treffen.« Die Tage in Pau werden sich also auch für Rödl wieder etwas nach Normalität anfühlen. SID/nd
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