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- Corona im urbanen Raum
Quarantäne im Hotel
Berliner Senat will 500 Plätze schaffen, um Menschen aus beengten Verhältnissen zu holen
Die Idee liegt auf der Hand. Da der Hotelbetrieb in Berlin wegen der Auswirkungen der Pandemie und des Brachliegens des Tourismus nahezu zum Erliegen gekommen ist, will der Senat die Hotelzimmer anders nutzen. Schließlich wird der Leerstand zurzeit ohnehin durch Bundeshilfen finanziert, mit der 75 Prozent des Vorjahresumsatzes kompensiert werden sollen. »Wir wollen solche Hotels zur Verfügung stellen, um Menschen aus beengten Verhältnissen eine Quarantäne zu ermöglichen«, erklärte Berlins Vizesenatschef und Kultursenator Klaus Lederer (Linke) am Dienstag nach der Senatssitzung auf einer Pressekonferenz im Roten Rathaus. Insgesamt 500 solcher Quarantäneplätze will das Land Berlin auf eigene Kosten zur Verfügung stellen. Ziel ist es, damit Infektionen, die sich in beengten Wohnverhältnissen leichter ereignen, durch die Entzerrung der Verhältnisse zu verhindern. Zugleich soll die darbende Hotellerie finanziell unterstützt werden.
Ein entsprechendes Konzept wurde am Dienstag im Senat in Auftrag gegeben. Infrage kommen für den Vorschlag eher preisgünstige Hotels. »Wir werden vermutlich nicht das Adlon nehmen«, sagte Lederer. Der Vizesenatschef räumte auch ein, dass die Anzahl von 500 Betten allenfalls ein »Tropfen auf den heißen Stein« in einer 3,5-Millionen-Metropole wie Berlin sei. Der Berliner Senat will mit dem Vorstoß auch den Bund dazu bewegen, mehr Plätze jenseits der genannten 500 zur Verfügung zu stellen. »Es geht um das Symbol, es gibt noch mehr Möglichkeiten, wenn es politisch gewollt ist«, sagte Lederer. Der Senat will das Angebot insbesondere für jene Stadtgebiete unterbreiten, in denen die Wohnverhältnisse sehr eng sind. Bereits zu Beginn der Pandemie im Frühjahr hatte sich gezeigt, dass sich das Coronavirus in innerstädtischen Wohnblocks besonders einfach eben wegen jener beengten Verhältnisse ausbreiten kann.
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Wie wichtig weitere Maßnahmen und Konzepte zur Eindämmung der Pandemie sind, zeigen unterdessen die aktuellen Zahlen: Sowohl die Ampel für die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz stand am Dienstag mit 206,9 weiter auf Rot, also auch die Ampel für die Intensivbetten in den Berliner Krankenhäusern, die aktuell mit über 25,2 Prozent mit Covid-19-Erkrankten belegt sind. Im Vergleich zur Vorwoche ist zwar aktuell ein leichter Rückgang der Inzidenz zu konstatieren, für Lockerungen sieht der Senat allerdings überhaupt keine Spielräume. »Wir sind nah dran an der Belastungskapazität«, betonte der Vizesenatschef. Vom Bund fordert der Senat unterdessen nicht nur zusätzliche Hilfen für Quarantänemöglichkeiten. Darüber hinaus will sich Berlin erneut für eine Verbesserung des Schutzes von Gewerbemietern einsetzen. »Die Existenz der kleinen Unternehmen muss gesichert werden«, forderte Lederer. Der Linken-Politiker appellierte auch an den Bund, Zwangsräumungen deutschlandweit auszusetzen. Insgesamt fehle »bei den Hilfsmaßnahmen des Bundes die soziale Balance«, so Lederer.
Viele Politikerinnen und Politiker in Berlin waren zuletzt schwer von Schuldzuweisungen aus dem Bund genervt, bei denen in den vergangenen Monaten immer wieder auf die Hauptstadt gezeigt wurde. Doch wer die Pandemie in urbanen Räumen richtig bekämpfen will, muss auch die dafür anfallenden Aufwendungen finanzieren. Lederer: »Das muss vom Bund getragen werden.« Gemeinsam mit der Charité will sich Berlin auch schauen, wie andere europäische Metropolen die Pandemie bekämpfen. Dabei geht es auch um den Masseneinsatz von Schnelltests. Sechs Millionen dieser Tests hat sich Berlin gesichert. Ohne das medizinische Fachpersonal können sie derzeit in Pflegeheimen, Schulen und Kitas aber nicht richtig eingesetzt werden.
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