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Kein Wort der Klage
Große Vorfreude trotz Corona: Die deutschen Handballerinnen starten in die EM
Es war Zeit für ein klares Statement von oberster Stelle. Zumindest muss sich das für Andreas Michelmann so angefühlt haben, weshalb der Präsident des Deutschen Handballbundes (DHB) zu Beginn der Woche verkündete, dass sein Verband selbstverständlich gedenke, an der Weltmeisterschaft der Männer im kommenden Januar in Ägypten teilzunehmen. Nachdem einige Klubs und Nationalspieler Zweifel angemeldet und für eine Verschiebung der WM oder einen Teilnahmeverzicht plädiert hatten, sprach der Präsident ein Machtwort.
Das medienwirksame Vorpreschen von Michelmann ist deshalb bemerkenswert, weil diese Notwendigkeit bei den Frauen offensichtlich nicht besteht. Im Gegenteil: Wenn an diesem Donnerstag die Europameisterschaft in Dänemark beginnt, trotzt das DHB-Team allerlei Widrigkeiten - und bislang kam dabei kein Wort der Klage über die Lippen der besten Handballerinnen des Landes. »Wir freuen uns total, ich war sehr happy, als ich zur Mannschaft durfte«, sagte Dinah Eckerle. Die Torhüterin stieß erst am vergangenen Freitag und damit sechs Tage vor dem ersten EM-Spiel zum Kader, weil sie nach der letzten Partie mit ihrem französischen Klub Metz HB zunächst in Quarantäne musste.
Überhaupt glich die Vorbereitung des deutschen Teams einer dauerhaften Reaktion auf unerwartete Einflüsse von außen. Es gab keine Testspiele und der Bundestrainer war nicht da. »Nie im Leben hätten wir uns eine solche Vorbereitung ohne Testspiel vorgestellt, aber wir müssen den Gegebenheiten eben Tribut zollen und uns trotzdem optimal vorbereiten«, sagte Axel Kromer, Vorstand Sport beim DHB. Bundestrainer Henk Groener befindet sich wegen eines positiven Tests auf den Covid-19-Erreger in häuslicher Isolation, und es ist weiterhin unklar, ob er bis zum ersten Spiel an diesem Donnerstag in Kolding gegen Rumänien beim Team sein kann. Aktuell wird die Mannschaft von Co-Trainer Alexander Koke betreut, der allerdings auch erst am vergangenen Donnerstag zum Team stoßen konnte. Am Dienstag saß er dann aber im Charterflieger, mit dem die Deutschen zunächst nach Billund flogen, von wo aus es mit dem Bus zum 50 Kilometer entfernten EM-Spielort Kolding weiterging.
Ursprünglich sollten die deutschen Vorrundenspiele in Trondheim ausgetragen werden, aber knapp drei Wochen vor dem Turnierstart zog sich der norwegische Verband als Co-Veranstalter zurück. Die pandemiebedingten Vorgaben der norwegischen Regierung waren nicht zu erfüllen, so dass die EM nun komplett in Dänemark ausgetragen wird. Kolding wurde als Spielort kurzfristig hinzugenommen - zwei Vorrundengruppen und eine anschließende Hauptrundengruppe werden hier ausgespielt.
»Wir freuen uns, dass es losgeht, wir haben eine gute Anspannung in der Gruppe«, sagte Amelie Berger am Dienstag nach der Ankunft auf dänischem Boden. Die 21-Jährige musste, wie ihre Teamkolleginnen auch, zunächst einen PCR-Test absolvieren, ehe sie das Teamhotel beziehen und somit in die Turnierblase eintauchen konnte. Der dänische Veranstalter hat ein Hygienekonzept ausgearbeitet, um die EM möglichst ohne positive Coronafälle durchführen zu können. Das bedeutet für Spielerinnen, Trainer und Offizielle, dass sie das Hotel nur für Trainingseinheiten und Spiele verlassen dürfen, Kontakte nach außen sind gänzlich untersagt. Für die Sportlerinnen sind das anspruchsvolle Voraussetzungen, denn Ablenkung wird es in den nächsten zwei Wochen nicht geben. »Ich werde viel lesen«, kündigte Kreisläuferin Luisa Schulze an. Die Vorfreude auf das internationale Turnier überstrahlt aber die Aussicht darauf, im Hotel »eingesperrt« zu sein.
Für die Organisatoren bilden die abgeschotteten Blasen die beste Möglichkeit, die EM durchzuführen. Weil alle 16 Teams für knapp zwei Wochen an den zwei Standorten Kolding und Herning beisammen sind, ist die Gefahr von Infektionen vergleichsweise gering. Einige Teams würden erst zu den Finalspielen den Ort wechseln. In jedem Fall fühlen sich die Dänen gut vorbereitet. Bei einem positiven Test muss das komplette Team in Isolation, weitere engmaschige Testungen folgen. Das ist aktuell beim ersten deutschen Gegner der Fall: Ein Schnelltest hatte bei einer rumänischen Spielerin ein positives Ergebnis erbracht. Den Antrag auf Verlegung der Partie lehnte der EM-Ausrichter am Mittwoch ab. Die Vorfreude der deutschen Handballerinnen auf den EM-Auftakt konnte aber auch diese Nachricht nicht schmälern.
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