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Durchgeknallt in Berlin

Senat sieht »Querdenker«-Demo an Silvester mit Sorge, die Polizei ist überfordert

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

Nachdem sich Berlin in den Bund-Länder-Gesprächen mit einem Verkaufsverbot von Silvester-Feuerwerk nicht durchsetzen konnte, bleibt es bei den Böllerverbotszonen. Allerdings wird es zum Jahreswechsel nur zwei statt – wie im vergangenen Jahr – drei Verbotszonen geben: die Pallasstraße in Schöneberg und der Alexanderplatz in Mitte. Ein Verbot rund um das Brandenburger Tor sei wegen der abgesagten Silvesterparty nicht nötig, sagte Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Geisel kündigte zudem an, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass der Erwerb von Schreckschusspistolen nur noch mit Waffenschein möglich ist.

Für die Linke sind Böllerverbotszonen vor allem eines: »hoher personeller Aufwand für begrenzten Nutzen«, so ihr innenpolitischer Sprecher Niklas Schrader. Er glaubt, dass die Menschen einfach woanders hingehen, um Feuerwerk zu zünden. Wichtiger sei, die bestehenden Regeln flächendeckend durchzusetzen. Demnach dürfen sich zu Silvester fünf Personen aus beliebig vielen Haushalten treffen, Kinder bis 14 Jahre, Lebenspartner*innen oder Angehörige des eigenen Haushalts nicht eingerechnet. »Die Berliner Polizei wird nicht in der Lage sein, in jedem Wohnzimmer, in jedem Garten vor Ort zu sein«, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik.

Der Innenexperte der Grünen, Benedikt Lux, schlug vor, die erlaubte Böllerzeit statt von 18 bis 7 Uhr morgens auf 23 bis 1 Uhr zu begrenzen. Forderungen der Opposition nach einer dritten Verbotszone, etwa am Herrmannplatz in Neukölln, erteilte Geisel eine Absage: Man habe nicht genügend Personal, um weitere Verbotszonen zu kontrollieren. 1600 bis 1700 Bereitschaftspolizisten sind laut Polizeipräsidentin Slowik in der Silvesternacht im Einsatz, hinzu kommen 900 Funkwageneinsatzkräfte sowie 1500 Feuerwehrleute. Weitere Kräfte des Bundes seien angefordert, Hilfe aus anderen Bundesländern sei jedoch nicht zu erwarten, so Innensenator Geisel.

Kopfzerbrechen bereiten dem Senat bei alldem nicht zuletzt mehrere angekündigte Demonstrationen an Silvester, darunter eine »Querdenken«-Demonstration auf der Straße des 17. Juni, für die 22 500 Menschen angemeldet sind. Angesichts der steigenden Infektionszahlen äußerte Geisel in Bezug auf die Proteste gegen die Anti-Corona-Maßnahmen »große Besorgnis«. Anmelder und Teilnehmer hätten in der Vergangenheit bewiesen, dass sie sich nicht an Abstandsregeln und Maskenpflicht halten würden.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) warnte am Montag vor »enormen Sicherheitsrisiken« an Silvester. Mit der aktuellen Personalstärke bei der Polizei sei eine Kontrolle in der ganzen Stadt unmöglich, so der Berliner GdP-Vorsitzende Norbert Cioma. Die Böllerverbotszonen seien »unglaublich personalintensiv«. 600 Polizist*innen waren dafür im vergangenen Jahr im Einsatz. Ebenso wie die Polizeipräsidentin sprach er sich zudem für eine Begrenzung der Teilnehmer*innenzahl der »Querdenken«-Demonstration aus. Bei allem Verständnis für das Grundrecht auf Meinungsfreiheit gebe es für die Polizei an Silvester Besseres zu tun, »als stundenlang Tausenden Menschen klarzumachen, dass sie die Gesundheit aller gefährden und gefälligst eine Maske aufzusetzen haben«. Dass die Polizei im Zuge dessen auch noch die sechs Corona-Impfzentren bewachen soll, ist für den GdP-Chef »vollkommen utopisch«. Er forderte, für deren Schutz externe Sicherheitsunternehmen zu verpflichten.

CDU-Fraktionschef Burkard Dregger forderte am Montag ein »rechtssicheres Verbot« der »Querdenken«-Demonstration. Geisel versicherte, man beobachte »sehr genau«, wie die Gerichte über Demonstrationen in anderen Städten wie kürzlich in Bremen und nächste Woche in Dresden urteilten. »Wenn wir die Möglichkeit haben, dort Beschränkungen vorzunehmen, werden wir die Möglichkeit sicher nutzen.« Bremen hatte eine für vergangenen Samstag geplante »Querdenken«-Demonstration verboten, das Bundesverfassungsgericht hatte die Entscheidung bestätigt. Allerdings ging es dort um einen Ort, der nicht genügend Platz für die angekündigten 20 000 Teilnehmer geboten haben soll, was auf der großen Straße des 17. Juni fraglich ist.

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