Wieder im Aufwind

In jüngster Zeit stieg der Preis für Bitcoin in bisher unbekannte Höhen

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 4 Min.

Lange war es ruhig um das digitale Geld. Vor drei Jahren noch waren Bitcoin, Ether und Co. noch in aller Munde. Es herrschte eine Goldgräberstimmung. Der Kurs der Kryptowährung schoss damals in die Höhe, Geschichten von Bitcoin-Millionären machten die Runde, fast jeder wollte ein Stück vom Kuchen abhaben und spekulierte mit. Wie bei anderen Finanzblasen auch, kam kurz vor Silvester 2017 dann der Absturz, viele Menschen verloren viel Geld. Seitdem ist es recht still geworden. Bis vor einigen Wochen.

Denn mit der Corona-Pandemie schoss auch der Preis der Kryptowährungen wieder in die Höhe. Kostete eine Einheit der digitalen Leitwährung Bitcoin Mitte März noch 3956 US-Dollar, erreichte ihr Kurs Anfang Dezember den historischen Höchststand von 19 918 US-Dollar. Spekulanten fiebern schon dem Zeitpunkt entgegen, wo die psychologisch wichtige Marke von 20 000 US-Dollar geknackt wird.

Doch anders als vor drei Jahren geht es mit den Bitcoins nicht nur nach oben. Der Kurs schwankt derzeit extrem. So sackte der Preis für einen Bitcoin am Dienstag vergangener Woche um zehn Prozent ab, nur um danach gleich wieder in die Höhe zu schießen. Viel zu tun haben diese Kurssprünge mit der eigentlichen Intention der Kryptowährung also nicht mehr.

Bitcoins entstanden im Zuge der letzten Finanzkrise. »Banken muss vertraut werden, dass sie unser Geld aufbewahren und es elektronisch transferieren, doch sie verleihen es in Wellen von Kreditblasen mit einem kleinen Bruchteil an Deckung«, schrieb Ende 2008 ihr Erfinder, der sich Satoshi Nakamoto nennt. Wer dahinter steckt, ist bisher nicht bekannt. »Mit einer elektronischen Währung, die auf einem kryptographischen Beweis beruht und kein Vertrauen in Mittelsmänner benötigt, ist Geld sicher und kann mühelos transferiert werden«, begründete Nakamoto das Prinzip hinter den Bitcoins. So werden sie im Gegensatz zu »richtigen« Währungen nicht von Zentralbanken ausgegeben. Stattdessen soll sie die sogenannte Blockchain sicher machen.

Zunächst waren Bitcoins nur etwas für Internetaktivisten und Nerds. Eine erste Verbreiterung erfuhren sie mit dem Aufkommen von Onlineshops für illegale Drogen. Denn gegenüber herkömmlichem Geld haben Bitcoins einen entscheidenden Vorteil: Mit ihnen kann man anonym im Internet bezahlen. Sie sind so etwas wie digitales Bargeld.

Diese Leerstelle im herkömmlichen Geldsystem interessiert auch die Zentralbanken. Sie beschäftigen sich schon länger mit der Frage, wie ein offizielles digitales Bargeld aussehen könnte, das direkt von ihnen an die Verbraucher*innen ausgegeben wird. »Ein digitaler Euro könnte die Ziele des Eurosystems unterstützen, indem er den Bürgern Zugang zu einer sicheren Geldform in der sich schnell verändernden digitalen Welt verschafft«, heißt es in einem Bericht der Europäischen Zentralbank (EZB) vom Oktober. Mitte nächsten Jahres will die EZB entscheiden, ob sie das Projekt »digitaler Euro« tatsächlich auch startet.

Solche Diskussionen tragen zum Kursanstieg bei Bitcoin und anderen digitalen Währungen bei. Was die Rallye zudem treibt, ist die Entscheidung des beliebten Zahlungsdienstleisters Paypal, auf den Zug aufzuspringen. Seit kurzem können Paypal-Kunden in den USA über den Dienstleister mit Bitcoin und anderen Kryptowährungen handeln und mit ihnen bezahlen. Schon in der ersten Hälfte des neuen Jahres will Paypal diesen Dienst auch in anderen ausgewählten Ländern anbieten.

Gleichzeitig arbeitet auch Facebook schon seit einiger Zeit an seinem Kryptogeld-Projekt Libra. Nach heftiger Kritik von Regierungen und Aufsichtsbehörden, die durch den Vorstoß des Internetriesen die staatliche Währungssouveränität gefährdet sehen, ruderte Facebook zunächst zurück und stutzte sein Projekt zurecht. Nun benannte es sein Projekt von Libra in Diem um.

Auch dies heizt die Spekulation um Bitcoin an, auch wenn Organisationen wie das globalisierungskritische Netzwerk Attac weiterhin hoffen, dass der Onlineriese mit seinem Plan an den Aufsichtsbehörden scheitert. »Die Einführung eines privaten Weltgeldes durch Facebook und andere Konzerne wäre ein weiterer Schritt zur völligen Privatisierung des Geldes und würde zu noch höheren Risiken im Finanzsystem führen«, warnte am Dienstag Alfred Eibl von Attac. Daran würden weder der neue Name noch die nun geplante Dollar-Bindung etwas ändern.

Ein weiterer Aspekt trug außerdem zur Kursrallye der Bitcoins bei. Der hat aber weniger mit ihrer Funktion als Zahlungsmittel zu tun. Auch institutionelle Anleger spekulieren nämlich mittlerweile mit der Kryptowährung und tragen so zur Blasenbildung bei. »Denn diese können inzwischen an der Kursentwicklung von Bitcoin teilhaben, indem sie Anteile an einer bei der US-Börsenaufsicht registrierten Investmentgesellschaft erwerben, die den Kauf und die Aufbewahrung von Bitcoins übernimmt«, schreiben Analysten der Deutschen Bank.

Dies wiederum spricht dafür, dass die Kryptowährung derzeit mehr ein Spekulationsobjekt als ein Zahlungsmittel ist. Denn dafür müsste es einen möglichst stabilen Kurs haben. So wiesen Kritiker von Bitcoin und Co. darauf hin, dass es bei ihnen im Gegensatz zu Zentralbankgeld keine Instanz gibt, die sicherstellt, dass ihr Wert nicht zu sehr schwankt.

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