Lukaschenko darf nicht zu Olympia
IOC sperrt NOK von Belarus und damit dessen Staatspräsidenten
Berlin. Alexander Lukaschenko hat verärgert auf seine Suspendierung durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) reagiert und juristische Schritte gegen dessen Präsidenten Thomas Bach angedroht. »Wir müssen vor Gericht ziehen. Lassen Sie Bach und seine Bande erklären, was meine Schuld ist«, teilte der umstrittene Staatspräsident von Belarus mit.
Den Ausschluss von Olympia nahm der weltweit in der Kritik stehende Machthaber zumindest nach außen hin gelassen auf. »Ich habe seit 25 Jahren nicht mehr an diesen Veranstaltungen teilgenommen und werde das überleben«, meinte Lukaschenko, der die Rechtmäßigkeit des Beschlusses anzweifelt: »Haben sie alle Länder angehört?«, fragte er. Dabei gibt es im IOC keine Landesvertreter, lediglich persönliche Mitglieder. Kein Verständnis zeigte Lukaschenko zudem dafür, dass auch sein Sohn Viktor als erster Vizepräsident des NOK suspendiert wurde. »Okay, ich werde es überleben, aber warum bestrafen sie Verwandte?«, fragte der 66-Jährige.
Opposition begrüßt IOC-Entscheid
Swetlana Tichanowskaja, die im Exil lebende Oppositionsführerin, glaubt dagegen, dass die IOC-Entscheidung Lukaschenko hart treffe. »Ich denke, es ist ein schwerer Schlag für ihn persönlich und ein großer Reputationsschaden, da er jetzt auch im Sport als Persona non grata gilt«, sagte sie der ARD-Sportschau. Das IOC hatte den autokratisch regierenden Machthaber, der auch Präsident des Nationalen Olympischen Komitees (NOK) ist, am Montag von allen olympischen Aktivitäten suspendiert. Begründung: Das NOK habe seine Athleten »wahrscheinlich nicht genug vor politischer Diskriminierung geschützt«.
»Das ist eine klare und begrüßenswerte Entscheidung«, sagte Präsident Alfons Hörmann vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). Die Sportler hätten »mutig« gegen die Verhältnisse im eigenen NOK protestiert. Lukaschenko habe eine rote Linie überschritten und Athletenrechte mit Füßen getreten. Was genau den nun gesperrten Funktionären vorgeworfen wird und wie das Urteil begründet wird, blieb in der ersten IOC-Mitteilung zunächst allerdings äußerst vage. Dies liege daran, dass das Verfahren noch nicht abgeschlossen sei, bestätigte ein IOC-Sprecher dem »nd« am Montagabend.
Alexander Lukaschenko hatte sich den Zorn der Bevölkerung und vieler Sportler zugezogen, weil er gewaltsam gegen Demonstranten vorgegangen war, die die Rechtmäßigkeit seiner Wiederwahl im vergangenen August angezweifelt und mehr Beachtung der Menschenrechte gefordert hatten. 1200 Vertreter des Sports in Belarus - Trainer, Funktionäre und Athleten - hatten daraufhin eine Erklärung gegen den Präsidenten und für Neuwahlen unterschrieben. Einige forderten zudem die nun erfolgte Sperre des Präsidenten durch das IOC. Allerdings hatten auch mehrere Olympiasieger wie Ruderin Kazjaryna Karsten und Ski-Freestyler Anton Kushnir dagegen argumentiert und öffentlich zu Lukashenko gehalten.
Druck der Athleten war zu groß
Einfluss auf die Entscheidung dürften die freien Vertretungen der Athleten gehabt haben, die den Druck auf das IOC in den vergangenen Wochen hochgehalten hatten. »Wir hoffen, dass die Sanktionen die richtige Wirkung entfalten und die angekündigten Unterstützungsleistungen den Athletinnen und Athleten direkt zugutekommen«, sagte Sprecher Maximilian Klein vom Verein Athleten Deutschland. Wie Bach verkündete, sollen die Athleten aus Belarus von der Suspendierung verschont bleiben. Sie würden weiter finanziell vom IOC unterstützt werden, damit sie sich auf die Olympischen Spiele in Tokio vorbereiten können. Die Zuschüsse sollen nun aber direkt an die Sportler gehen und nicht mehr ans NOK.
Fraglich ist, was mit der Eishockey-WM passiert, die vom 21. Mai bis 6. Juni 2021 in Belarus und Lettland stattfinden soll. Am Dienstag wollte sich Präsident Rene Fasel vom Weltverband IIHF mit Lukaschenko beraten. Doch eine Corona-Erkrankung Fasels ließ das Treffen platzen. Der Schweizer betonte aber, dass die IIHF die WM weiter auch in Belarus austragen wolle. Das Turnier ist nicht nur wegen der politischen Situation umstritten, sondern auch wegen des Umgangs des Landes mit der Pandemie. Es sei unrealistisch, dass Belarus und Lettland gemeinsam eine WM durchführen könnten, hatte Fasel nach dem Erhalt eines Expertenberichts gesagt. Auch in Lettland gibt es Zweifel am grenzüberschreitenden Turnier.Agenturen/nd
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