Rassismus-Eklat nach Roter Karte
Champions League: Spielabbruch bei Paris gegen Basaksehir
In der 14. Spielminute der Champions- League-Partie von Paris St. Germain gegen Basaksehir Istanbul am Dienstagabend gibt es Tumulte am Spielfeldrand: Eine Rote Karte gegen Istanbuls Co-Trainer Pierre Webo löst Empörung aus. Was erst wie eine für den Fußball übliche Rudelbildung aussieht, entpuppt sich als Reaktion auf eine rassistische Äußerung des vierten Schiedsrichters Sebastian Coltescu gegenüber Webo am Spielfeldrand. Der Unparteiische will nach eigenen Aussagen seinen drei Kollegen nur die Identifizierung des Co-Trainers erleichtern, der auf die Tribüne verwiesen werden soll. Dabei bezeichnet er den Kameruner mit dem Wort »negru«. Dies sei nicht rassistisch gemeint gewesen, verteidigen sich die Schiedsrichter später, schließlich bedeute das Wort auf rumänisch nur »schwarz«.
Identifizierung per Hautfarbe
Schon während der Auseinandersetzung zeigt sich der Istanbuler Spieler Demba Ba solidarisch mit seinem Trainer und verurteilt das Vorgehen des Unparteiischen als rassistisch. Er bezweifele, dass der vierte Offizielle einen weißen Mann auch durch seine Hautfarbe identifizieren würde. Beide Mannschaften verlassen wenig später das Spielfeld - die Partie wird abgebrochen. Der beschuldigte Schiedsrichter Coltescu ist auf diesem Niveau noch unerfahren, es war das erste Spiel in der Champions League für ihn. Der Leiter des Schiedsrichtergespanns Ovidiu Hategan pfeift hingegen schon seit einigen Jahren in der Königsklasse. Laut dpa hat sich der Hategan vor sieben Jahren nach einem Spiel von ZSKA Moskau gegen Manchester City nach rassistischen Vorfällen der Fans auch sehr passiv verhalten.
Nach den Vorfällen in Paris solidarisierten sich in den sozialen Medien viele Vereine und Profis mit Webo. Eine derartige Haltung zweier Teams, die das Spielfeld nach rassistischen Äußerungen geschlossen verlassen, gab es so noch nie. Die französische Sportministerin Roxana Mărăcineanu lobte beide Mannschaften: »Ich kann die starke Symbolik ihrer Geste und ihrer Solidarität nur begrüßen.« Mărăcineanu ging inhaltlich nicht weiter auf Äußerungen des vierten Offiziellen ein, obwohl sie selbst als gebürtige Rumänin die sprachlichen Feinheiten des Wortes »negru« kennen dürfte.
Konsequenzen und Kampagnen
Rumäniens Fußballverband gab am Mittwoch bekannt, dass nach der Analyse des Vorfalls Konsequenzen folgen könnten. Die Uefa unterstrich noch am Dienstagabend ihre antirassistische Linie und kündigte eine Untersuchung an. Eigentlich sieht der europäische Dachverband beim Nichtantreten eines Teams Strafen vor, davon war jedoch keine Rede. Stattdessen ließ die Uefa das Spiel am Mittwochabend (nach Redaktionsschluss) mit neuen Schiedsrichtern fortsetzen.
Seit einigen Jahren setzt sich die Uefa mit der Kampagne »Nein zu Rassismus« gegen Diskriminierung im Fußball ein und arbeitet zudem eng mit dem Netzwerk »Fußball gegen Rassismus in Europa« (Fare) zusammen. Fare-Geschäftsführer Piara Powar äußerte sich im Deutschlandfunk kritisch: »Wenn Offizielle nicht mit ihrem Verhalten Standards setzen, dann kann man sich nicht darauf verlassen, dass sie mit Rassismus auf dem Platz oder auf der Tribüne umgehen können.«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.