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Kaum Lernbedarf
Die Bundesregierung zeigt wenig Interesse, in der DDR erarbeitete Konzepte zur Bekämpfung von Pandemien auszuwerten
Es gibt jede Menge Kritik an den Anti-Corona-Maßnahmen in Deutschland. Fachleute aus vielen Bereichen vermissen insbesondere eine Strategie zur Bekämpfung von Covid-19. Dennoch stellt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Anfrage der Linke-Bundestagsfraktion klar, das Gesundheitssystem hierzulande stelle »eine medizinisch hochwertige Gesundheitsversorgung der Bevölkerung« sicher. Gerade in der Bewältigung der Corona-Pandemie erweise sich seine Leistungsfähigkeit. Durch die in Deutschland bestehende Krankenversicherungspflicht sei überdies gewährleistet, »dass alle Bevölkerungsgruppen die Möglichkeit des Zugangs zu dieser Gesundheitsversorgung und dem damit verbundenen hohen sozialen Schutz haben«.
Immerhin ließe sich etwa aus Erfahrungen aus der Zeit vor der deutschen Einheit einiges lernen, auch zum Umgang mit den aktuellen Herausforderungen. So wurde in der DDR bereits 1973 in Berlin ein Institut für Angewandte Virologie gegründet, zum »WHO-Influenzazentrum der DDR« ausgebaut – und nach dem Beitritt des kleineren deutschen Staates zur Bundesrepublik abgewickelt. Anlass für den Aufbau der Einrichtung war die sogenannte Hongkong-Grippe (1968–1970). Man suchte einen strategischen Ansatz zur »Grippebekämpfung« und entwickelte einen Drei-Punkte-Plan zur Bekämpfung von Seuchen. Dieses »Führungsdokument« sah verschiedene Reaktionsstufen vor und legte detailliert die jeweils zu ergreifenden Maßnahmen bis auf die kommunale Ebene fest.
Die oppositionellen linken Parlamentarier wollten nun wissen, ob die Bundesregierung »in der Struktur des DDR-Gesundheitssystems und insbesondere der Polikliniken vorbildhafte oder nachahmenswerte Aspekte« sehe, die bei einer Pandemie- und krisenfesten Umgestaltung des deutschen Gesundheitssystems zum Tragen kommen sollten. Die unverbindliche Antwort der Regierung: »Neben der Bewältigung der aktuellen Covid-19-Pandemie wird die Bundesregierung die gemachten Erfahrungen auswerten (›lessons learned‹) und daraus Schlussfolgerungen für die Weiterentwicklung der Pandemieplanung im Besonderen und des Krisenmanagements zu gesundheitlichen Schadenslagen im Allgemeinen ziehen.«
Auch nach 30 Jahren deutscher Einheit bringe es die Bundesregierung offenbar schwer übers Herz, »einfach mal einzugestehen, dass eventuell doch nicht alles in der DDR des Teufels war«, meint Jan Korte, erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion. Er verweist auf die bei der Bekämpfung der aktuellen Pandemie offensichtlich gewordenen Defizite, die insbesondere in der Ausrichtung der Krankenhäuser auf Profitabilität ihre Ursache haben. Trotz deutlich geringerer wirtschaftlicher Kräfte habe die DDR beispielsweise bei der Tuberkulose- oder Seuchenbekämpfung Erfolge vorzuweisen, weil dort das Gesundheitswesen fast ausschließlich in öffentlichem Eigentum, »staatlich organisiert und in der Regel ärztlich geleitet« war.
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