Landtagsabgeordnete gehen nicht auf Abstand

Haushaltsdebatte mit voller Besetzung, da die AfD bei proportional verkleinerten Fraktionen nicht mitmacht

  • Wilfried Neiße, Potsdam
  • Lesedauer: 3 Min.

Einer nie dagewesenen Neuverschuldung im Land Brandenburg wird dieser Tage der Weg freigemacht. Die Koalitionsfraktionen SPD, CDU und Grüne planen Kredite in Höhe von bis zu 2,8 Milliarden Euro. Mit dem Geld sollen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie gemildert, Einnahmeverluste ausgeglichen und Mehrkosten gedeckt werden.

Auf der Tagesordnung der Landtagssitzungen am Dienstag, Mittwoch und Donnerstag steht vor allem die Debatte zum Landeshaushalt 2020. Die Zustimmung zu den Verordnungen der Regierung, die das Herunterfahren des öffentlichen Lebens in Brandenburg bis zum 10. Januar regeln, gilt als Formsache.

»Die erhoffte Trendwende ist ausgeblieben«, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), der vor einigen Wochen selbst an Corona erkrankt war. Inzwischen seien 612 Brandenburger gestorben, dies sei zahlenmäßig ein nicht einmal kleines Dorf, sagte er. CDU-Fraktionschef Jan Redmann sagte: »Wir müssen schnell reagieren.«

»Der Lockdown ist in der aktuellen Situation notwendig«, signalisierte Linksfraktionschefin Kathrin Dannenberg grundsätzlich Zustimmung zum Maßnahmepaket. »Aber die Frage ist doch: War dieser Lockdown wirklich unvermeidbar, hätten wir nicht mehr tun, konsequenter handeln, präventiv gewisse Maßnahmen ergreifen können?« Zwei Problemfelder tun sich ihr zufolge auf: die Bildungseinrichtungen und die Altenbetreuung. Versäumnisse sieht sie beim ausgebliebenen Wechselunterricht, beim nicht aufgestockten Schulbusverkehr, bei der Verfügbarkeit von Luftfiltern und bei anderen Dingen. Versäumnisse sieht sie auch im Bereich der Alten- und Krankenpflege. Für die Bettenkapazität und die Zusatzkosten für Schutzausrüstung fühle sich das Land nicht verantwortlich.

Der Abgeordnete Steeven Bretz (CDU) sagte, mit einer finanzpolitischen Konsolidierung müsse schon im Jahr 2022 begonnen werden. Er wies darauf hin, dass es sich bei dem Kreditrahmen von 2,8 Milliarden Euro um eine Ermächtigung handle. Man hoffe, nicht die volle Summe abrufen zu müssen. Er warne vor leichtfertig gemachten neuen Schulden, sagte der Abgeordnete. In Europa komme gelegentlich der Eindruck auf, angesichts der Null-Zins-Politik der Europäischen Zentralbank handle es sich um Spielgeld, und es sei im Grund egal, wie viele Schulden man aufnehme. »Man kann in verschiedenen Regionen Europas studieren, wohin das führt. Jeder Euro muss zurückgezahlt werden.«

Am Rande der Plenarsitzung gab es am Dienstag Debatten, ob die Fraktionen des Landtags nicht proportional zu ihrer Größe mit weniger Abgeordneten ins Plenum kommen sollten.

CDU-Fraktionschef Redmann bezeichnete es als im Grunde unverantwortlich, angesichts der bevorstehenden Schließung von Schulen und Geschäften noch in voller Stärke zu tagen. Doch habe die AfD als größte Oppositionspartei darauf bestanden. Immerhin sei es gelungen, die Tagesordnung der turnusmäßigen letzten Landtagssitzung des Jahres so zu kürzen, dass es am Freitag keine Sitzung mehr geben müsse. Dennoch werde es in den Tagen zuvor bis 22 Uhr gehen, unter anderem, weil sich die Linke wenig entgegenkommend gezeigt habe.

SPD-Fraktionschef Erik Stohn sprach von einem richtigen Signal, dass die Abgeordneten im laufenden Jahr auf eine Erhöhung ihrer Diäten verzichteten. Die Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst verteidigte er. Auch Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke erklärte: »In Tarifergebnisse greifen wir nicht ein.«

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!