Streikender Lift soll kein Hindernis sein

Ende 2021 soll Pilotprojekt zur Mobilitätsgarantie bei der BVG auf U5 und U8 starten

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Rollstuhl, Rollator, Kinderwagen – wer damit unterwegs ist, hat ein Problem, wenn der Fahrstuhl am Bahnhof kaputt ist oder überhaupt nicht vorhanden. Mit dem neuen Verkehrsvertrag des Senats mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG), der am Dienstag endgültig besiegelt wurde, soll das die Betroffenen nicht mehr an der Nutzung hindern. Ein rollstuhltauglicher Minibus soll dann gerufen werden können. Dahinter steht die ab 2026 für das ganze Netz von U-Bahn, S-Bahn, Straßenbahn und Bus greifende Mobilitätsgarantie. Sie war ein Auftrag in dem, im Jahr 2016 von SPD, Linke und Grünen geschlossenen Koalitionsvertrag.

Doch so lange müssen nicht alle warten. Ab Ende 2021 wird die BVG entlang der U8 sowie an der U5 zwischen Frankfurter Allee und Tierpark den Alternative Barrierefreie Beförderung genannten Dienst erproben. Ganz einfach wird das allerdings nicht sein. Der Kleinbus fährt nach Kontaktierung der Zentrale per App oder Telefon dann zum nächstgelegen Punkt, wo wieder ein barrierefreies Erreichen der Verkehrsmittel möglich ist. Man kann sich also nicht darauf freuen, von der Kreuzberger Schönleinstraße bequem bis nach Wannsee kutschiert zu werden. »Das neue Versprechen ist: Jede und jeder kommt voran, entweder mit einem zumutbaren Umweg – oder aber wir schicken einen Kleinbus los, der die Menschen zur nächsten barrierefreien Station bringt«, erklärt Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) dieses bundesweit einmalige System. Barrierefreiheit bei Bussen und Bahnen sei ihr ein »Herzensanliegen«. Sie dürfe nicht nur ein Versprechen bleiben – und sie dürfe nicht dauerhaft an kaputten oder fehlenden Fahrstühlen scheitern.

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Immerhin gibt es an der Schönleinstraße keine Buslinie, die stattdessen benutzt werden kann. Sollte nämlich trotz fehlenden oder defekten Lifts eine Alternative zur Verfügung stehen, die nicht mehr als 20 Minuten zusätzliche Fahrzeit bedeutet, wird kein Kleinbus geschickt. Ansonsten soll das Ersatzfahrzeug in spätestens 20 Minuten da sein. Immerhin soll bei einer Vorausplanung der Reise per App und bei fehlendem oder bereits defektem Aufzug das Fahrzeug bereits bereitstehen – das soll der Zielzustand sein.

Bei längerfristigen Bauarbeiten oder Störungen soll eine Art Pendelverkehr für die Zielgruppe eingerichtet werden. Das ist eine deutliche Verbesserung gegenüber der aktuellen Situation. Die Resonanz in der Arbeitsgruppe Verkehr barrierefrei bei der Vorstellung des Konzepts im August sei positiv gewesen, heißt es aus der Senatsverkehrsverwaltung.

BVG-Chefin Kreienkamp hatte kürzlich angekündigt, dass die Ausschreibung für die bis Ende 2022 laufende Pilotphase des Angebots bereits vorbereitet werde. Im Anschluss soll der Dienst nach und nach berlinweit ausgerollt werden – inklusive aller S- und Regionalbahnhöfe. Dafür werden dann nach Berechnungen der BVG 41 Kleinbusse benötigt werden, zehn Fahrzeuge davon für die Anbindung nicht barrierefreier Bahnhöfe, der Rest für spontane oder dauerhafte Aufzugsstörungen. Bis 2026 sind 50 Millionen Euro für den Betrieb vorgesehen. 2024 soll es noch eine Evaluierung geben.

Damit setze Rot-Rot-Grün einen neuen Standard im Nahverkehr in Deutschland, lobt Linke-Verkehrspolitiker Kristian Ronneburg das Vorhaben. Er fordert von der Verkehrssenatorin, die gesamte U5 in den Test einzubeziehen. »Von Tierpark bis Hönow verfügen die Bahnhöfe, bis auf den Bahnhof Kienberg, nur über Rampen, die zu steil für viele Menschen sind, die auf Rollstühle oder Rollatoren angewiesen sind«, erläutert der Marzahn-Hellersdorfer Abgeordnete. »Die alternative barrierefreie Beförderung muss doch gerade dort zur Verfügung stehen, wo Aufzüge nicht vorhanden sind«, so Ronneburg.

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