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Staatlich geförderte Frauenfeinde

400 000 Euro vergab der Bundestag an eine maskulinistische Gruppe – Linke fordert, das Geld einzubehalten

  • Thomas Gesterkamp
  • Lesedauer: 4 Min.

In einer 18-stündigen »Bereinigungssitzung« versagte im Bundestag jüngst die parlamentarische Kontrolle. Auch die übermüdete Opposition passte an jenem 26. November nicht auf, ließ sich offenbar von geschickter Verschleierungstaktik täuschen. So wurden einer Gruppe antifeministischer Männerrechtler unter dem Tarnnamen »Forum Soziale Inklusion« 400 000 Euro zugesprochen – versteckt im Posten 68426 mit dem unverfänglichen Titel »Zuschüsse und Leistungen für laufende Zwecke an Träger und für Aufgaben der Gleichstellungspolitik«.

Der Linke-Abgeordnete Michael Leutert entschuldigte sich dafür im Nachhinein. Der Vertreter des Wahlkreises Chemnitz im Bundestag kritisierte bei der zweiten und dritten Lesung des Bundesetats am 10. Dezember, dass nun »Initiativen gefördert werden, die zwei Namen haben: einen, mit dem sie Geld akquirieren und einen, mit dem sie in die Öffentlichkeit treten und unsere Institutionen und Werte angreifen«. Ulle Schauws von der Grünen-Fraktion, Leuterts Kollegin im Haushaltsausschuss, sprach gar von einem »frauenpolitischen Tiefschlag«, der »nicht zu erklären« sei.

Auf die Liste der zu unterstützenden Verbände gesetzt wurde das »Forum Soziale Inklusion« vom Landshuter CSU-Politiker Florian Oßner. Dass auch die Profiteure seines Handelns aus Bayern kommen – der Verein hat seinen Sitz in Traunstein – scheint kein Zufall. Der maskulinistische Coup war das Resultat eines gemeinsamen Antrags der Koalitionsparteien. Peinlich ist das vor allem für die SPD. Deren im Haushaltausschuss federführende Abgeordnete Svenja Stadler ließ sich hinters Licht führen; ihre Parteikollegin Josephine Ortleb, Fachfrau im familienpolitischen Ausschuss, wollte sich auf Anfrage dazu nicht äußern.

Antifeministische Männerrechtler, die die Gleichstellungspolitik der Bundesregierung radikal ablehnen, werben seit langem für Akzeptanz in der bürgerlichen Mitte. Das aktuelle Beispiel belegt eindrücklich, wie wichtig die Aufklärung von Entscheidungsträgern über solche Gruppen ist. Denn die Namen maskulinistischer Zusammenschlüsse wie etwa »Geschlechterpolitische Initiative« klingen oft harmlos. Die kleine »Interessengemeinschaft Jungen, Männer und Väter«, an deren Gründung das »Forum Soziale Inklusion« wesentlich beteiligt war, ist für Laien – und offenbar auch für die Politiker, die staatliche Mittel verteilen – schwer zu unterscheiden von dem auf viel breiterer Basis stehenden, mit dem Deutschen Frauenrat kooperierenden Bundesforum Männer und seinen 31 Mitgliedsverbänden. Die gesamte Jahresförderung der dialogisch orientierten männerpolitischen Akteure ist ungefähr so hoch wie die nun dem »Forum« zugesagte Summe.

Maskulinisten reden von »Freiheit«, »Zivilgesellschaft« oder gar einer »neuen Bürgerbewegung«. Doch Statements ihrer Anhänger im Netz machen den ideologischen Kontext deutlich, in dem sich die Vereinigungen bewegen. Si missbrauchen sie emanzipatorische Begriffe, vertreten aber meist rückwärtsgewandte geschlechterpolitische Positionen.

Umdeutungen und das Provozieren von Verwechslungen gehören dabei zum Kalkül. Das »Forum Soziale Inklusion« verfolgt so keineswegs das Ziel, die Teilhabe von Kindern mit Behinderung an Schulen zu verbessern, wie das dafür gebräuchliche Wort Inklusion nahelegt. Ihr Anliegen ist vielmehr, wie auf der Webseite des Vereins leicht erkennbar, die Forderung nach mehr Rechten für Scheidungsväter. Viele der in diesem Feld agierenden Interessenverbände sind dezidiert frauenfeindlich und gegen eine angeblich weiblich dominierte Familiengerichtsbarkeit ausgerichtet.

Dreimal haben maskulinistische Gruppen seit 2015 jeweils in Nürnberg einen sogenannten Gender-Kongress veranstaltet. Die Vorankündigungen im Netz, welche mehrere Dutzend unterstützende Organisationen, Tausende von Besucher*innen und großstädtische Messegelände als Treffpunkte versprachen, lösten sich am Ende weitgehend in Luft auf. Stets erging eine Einladung an die lokale Politprominenz, wohlwollende Grußworte zu sprechen. Als sich in den angefragten Parteien nach entsprechenden Warnungen herumsprach, dass der Tagungstitel ein Euphemismus ist, es eher um einen »Anti-Gender-Kongress« ging, hagelte es Absagen.

Das nächste Treffen dieser Art ist für Oktober 2021 in Erfurt anvisiert. Gerd Riedmeier, Vorsitzender des »Forums Soziale Inklusion«, hielt beim ersten »Gender-Kongress« laut Programm den Eingangsvortrag. Die jetzt zugesagten Gelder könnte der Verein zum Beispiel für das Durchführen der geplanten Veranstaltung beantragen. Ob das Projekt bewilligt wird, hängt jedoch von der Prüfung durch das Familienministerium ab. Mögliche Zahlungen an die Maskulinisten können verhindert werden, wenn sie den Förderrichtlinien widersprechen.

»Das BMFSFJ sieht die inhaltliche und politische Ausrichtung des Vereins kritisch, insbesondere ist eine antifeministische Haltung nicht mit einer partnerschaftlichen Gleichstellungspolitik zu vereinbaren«, heißt es in einer knappen, aber eindeutigen Antwort auf schriftlich gestellte Fragen. Zudem betont eine Sprecherin, das Ministerium sei »in die Entscheidung des Haushaltausschusses nicht einbezogen« gewesen. Die bewilligte Summe wird in Relation zur Förderung des Bundesforum Männer als »nicht verhältnismäßig« bezeichnet.

Der Linke-Parlamentarier Leutert geht davon aus, dass das »Trojanische Pferd« von der Behörde längst als solches erkannt wurde. Er sagte gegenüber »nd«: »Wir haben in der Haushaltssitzung Fehler gemacht, jetzt erwarten wir von der zuständigen Abteilung, dass die Gelder nicht ausgezahlt werden.«

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