Mieten ohne Bremse

Weniger Schutz für ein Drittel der Kommunen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Einen »schlechten Witz« nennt Isabelle Vandré das Gutachten, mit dem das brandenburgische Infrastrukturministerium die Neufestlegung von Mietpreisbremse und Kappungsgrenzenverordnung im Land begründet. »Von wenigen Beispielen abgesehen, enthält das Gutachten überhaupt keine validen Daten«, sagt die mietenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Landtag.

Die Mietpreisbremse regelt, dass bei Neuverträgen die Mieten maximal zehn Prozent über dem Mietspiegelwert liegen dürfen. Die Kappungsgrenzenverordnung begrenzt die Mietsteigerung in Bestandsverträgen auf 15 Prozent in drei Jahren anstatt der sonst erlaubten 20 Prozent. Damit das möglich ist, muss die Landesregierung einen sogenannten angespannten Wohnungsmarkt in der betroffenen Stadt oder Gemeinde feststellen.

Beide, noch unter der rot-roten Landesregierung verabschiedeten Verordnungen lässt Infrastrukturminister Guido Beermann (CDU) in der bisherigen Form auslaufen. Das Infrastrukturministerium beruft sich darauf, dass es die Kappungsgrenze für höchstens fünf Jahre festsetzen und die Verordnung so nicht verlängern dürfe. Darum werde die Verordnung neu aufgesetzt - nun aber nicht mehr für 31 Kommunen, sondern nur noch für 19. Auch bei der Mietpreisbremse sei nach fünf Jahren eine Verlängerung nicht möglich.

»Das Land Brandenburg hat sich dazu entschieden, anhand eines umfassenden Gutachtens diese Mietpreisbegrenzung neu festzusetzen«, heißt es vom Infrastrukturministerium. In einem Entwurf der Verordnung sind auch nur noch 19 Orte aufgeführt, darunter Potsdam, Kleinmachnow, Falkensee, Hoppegarten, Hohen Neuendorf und Birkenwerder. »Ziel ist es, dass die Verordnung noch im Februar in Kraft treten kann und rückwirkend gilt«, heißt es.

Das mehrfach überarbeitete Gutachten wurde nun endlich veröffentlicht. »Ich hatte Zahlen erwartet, die erklären, warum zum Beispiel Orte wie Erkner oder Schönefeld aus der Mietpreisbremse fliegen sollen - schließlich liegen sie im Umfeld der Tesla-Fabrik und des Flughafens BER, und es ist mit starkem Zuzug zu rechnen. Doch das Gutachten hilft mir da nicht weiter«, sagt Linken-Abgeordnete Vandré. Monatelang habe man auf dieses Gutachten gewartet. Immer wieder habe das Infrastrukturministerium behauptet, davon hinge die Entscheidung ab, wie es mit der Mietpreisbremse weitergehen solle. Wenn die Daten nicht schleunigst zur Verfügung gestellt würden, so Vandré, dränge sich der Verdacht auf, dass es weder an einer wissenschaftlich fundierten Analyse interessiert sei, noch an einem echten Schutz der Mieter.

Etwas Positives sieht die Landtagsabgeordnete Ricarda Budke (Grüne). Dass die Verordnungen überarbeitet und fortgeführt würden, sei »ein wichtiges Signal« für alle Mieter. Einige Kommunen seien vermutlich aufgrund der Kriterien des Bundes aus der Mietpreisbremse rausgefallen. »Da ist es dann als Land unsere Aufgabe, uns beim Bund dafür einzusetzen.« Auch Budke sieht, dass es ein zunehmendes Problem mit hohen Mieten gibt - und regt an, über einen Vorschlag der Bundestagsfraktion der Grünen nachzudenken, die Mietpreisbremse zu verschärfen: Dann dürften die Preise bei Neuvermietung nur noch fünf Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.

»Hohe Mieten bedeuten wachsende soziale Ungleichheit.« Sie diskriminieren Menschen, die sich diese hohen Mieten nicht leisten können. So kommentiert Unterstützer Felix Luderer aus Potsdam die Online-Petition »Mietensteigerung bremsen jetzt« des Mieterbundes Brandenburg. 1849 Menschen haben sie bislang unterzeichnet, 1648 von ihnen leben in Brandenburg. Das Quorum wäre bei 8700 Unterschriften erreicht. Vier Monate sind dafür theoretisch noch Zeit. Praktisch sind es nur wenige Tage, bis die alten Verordnungen auslaufen.

openpetition.de/petition/online/ mietsteigerungen-bremsen-jetzt

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!